21.04.2013FDP-FraktionArbeitsmarkt

Brüderle-Interview für die B.Z.

​BERLIN . Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer BRÜDERLE gab der B.Z. das folgende Interview. Die Fragen stellte Ulrike Ruppel:

​Frage: Alle Parteien wollen soziale Gerechtigkeit, alle meinen etwas anders. Was verstehen die Liberalen darunter?

BRÜDERLE: Wir wollen soziale Gerechtigkeit in dem Sinne, dass alle im Land eine faire Chance haben, ihren Aufstieg und ihre Entwicklung zu betreiben. Wir wollen Leistungsgerechtigkeit, so dass die Menschen, die mehr und härter arbeiten, mehr verdienen können und nicht alles vom Staat weggenommen kriegen, wie die SPD das plant. Und wir wollen Gerechtigkeit in Europa.

Frage: Das heißt?

BRÜDERLE: Es geht nicht an, dass deutsche Arbeitnehmer mit ihrer Lohnsteuer Schuldenstaaten unterstützen, in denen es viele Reiche gibt, die aber so gut wie keine Steuern zahlen - während wir hier in Deutschland eine kalte Progression haben, die die Menschen bei einer Lohnsteigerung quasi enteignet. Die Koalition wollte das ja abmildern. Aber Rot-Rot-Grün im Bundesrat hat das leider verhindert.

Frage: Was sagen Sie einem Koch mit sechs Euro Stundenlohn, der einen höheren Mindestlohn fordert?

BRÜDERLE: Das ist ein harter Job. Ich würde ihn ermuntern, sein Können in einem anderen Betrieb oder in einer anderen Stadt anzubieten.

Frage: Viele Menschen finden solch niedrige Löhne nicht gerecht.

BRÜDERLE: Das verstehe ich. Die Tarifabschlüsse liegen manchmal weit auseinander. Das ist in Teilbereichen nicht nachvollziehbar. Aber wir haben in Deutschland Tarifautonomie. Das heißt, Gewerkschaften und Arbeitnehmer sind gleichermaßen in der Pflicht, einen Ausgleich zu finden.

Frage: Und wenn das nicht klappt? Ist dann nicht auch die Politik gefragt?

BRÜDERLE: In der Sozialen Markwirtschaft legt nicht der Staat die Preise fest, trifft nicht die Unternehmensentscheidungen. Wir haben Tarifparteien und betriebliche Mitbestimmung. Die Entscheidungen werden in diesen Strukturen gefällt. Das gilt auch für das Thema Frauenquote: Arbeitnehmer und Gewerkschaften haben bei den Dax-Unternehmen 50 Prozent der Stimmen im Aufsichtsrat. Sie sollten mit diesem Stimmgewicht dazu beizutragen, dass mehr Frauen in hohe Positionen kommen.

Frage: Frauen sind plötzlich Thema, auch für Peer Steinbrück. Wie hat er sich seit seiner Kandidatur entwickelt?

BRÜDERLE: Damit der linke Flügel der SPD die Füße stillhält, muss Peer Steinbrück plötzlich eine linke Politik vertreten. Aber eigentlich steht er nicht für diese linke Politik. Deshalb wirkt er auch nicht authentisch.

Frage: Wie beurteilen Sie Ihren eigenen Auftakt als Spitzenkandidat der FDP?

BRÜDERLE: Es geht nicht um mich, es geht um die FDP. Unser Team funktioniert gut. Und wir legen ja erst richtig los.

Frage: Hat Ihnen die "Stern"-Affäre im Rückblick geschadet?

BRÜDERLE: Das kommentiere ich nicht.

Frage: Wenn die FDP die 5 Prozent nicht schafft, könnte es eine Große Koalition geben. Wie würde die Union dann werden?

BRÜDERLE: Sozialdemokratischer. Sie hätten dann ein großes Mischmasch von schwarz angestrichenen Sozialdemokraten und rot angestrichenen Sozialdemokraten. Für die Belange, die wir haben - Ordnungspolitik, Bürgerechte, Freiheit, ein gerechtes Europa - wäre das fatal. Aber dazu wird es nicht kommen. Die FDP wird weiter Wahlen gewinnen.

Frage: Was würde eine Große Koalition für das Thema Steuererhöhung bedeuten?

BRÜDERLE: Wir haben da ja praktische Felderfahrung. In der letzten Großen Koalition wollte die SPD erst angeblich keine Mehrwertsteuererhöhung und die Union zwei Prozent. Geeinigt haben sie sich auf drei Prozent. Das ist die Mathematik der Großen Koalition.

Frage: Was macht die FDP besser als die Union?

BRÜDERLE: Mit uns wird es keine Steuererhöhungen geben. Und Herr Schäuble hat beim Ausgleich des Haushalts keine besseren Verbündeten als uns. Wir sind diejenigen, die bei der europäischen Entwicklung und bei der Geldwertstabilität ganz klar auf Parlamentsbeteiligung und die Einhaltung strenger Regeln achten. Dass die Bundeskanzlerin so erfolgreich ist, liegt daran, dass sie der Kompromiss mit der FDP zu einer ausgewogenen Politik führt.

316-Brüderle Interview BZ 210413

316-bruderle_interview_bz_210413.pdf

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