FDPSyrien-Konflikt

Lambsdorff fordert doppelten Exit für Syrien

Alexander Graf LambsdorffAlexander Graf Lambsdorff vermisst von Steinmeier aktive Friedenspolitik
01.10.2015

Verzweifelt sucht die Völkergemeinschaft einen Weg, um den Krieg in Syrien zu beenden. Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des Europaparlaments,  meint, nur eine politische Lösung kann dauerhaft Stabilität bringen. USA, EU und Türkei, aber auch Außenminister Steinmeier seien gefordert. Doch vom Außenminister sei in dieser Frage nichts zu hören. "Gerade jetzt aber müsste Deutschland aktive und sichtbare Friedenspolitik betreiben", schreibt Lambsdorff in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". Er plädiert für den doppelten Exit.

So kann die Terrormiliz IS seiner Ansicht nach nur mit militärischen Mitteln zurückgedrängt werden - unter Einbeziehung Assads. Die Beteiligung Großbritanniens und Frankreichs an den Luftschlägen sei dabei ein wichtiger Beitrag. Aber auch Deutschland sollte Verantwortung übernehmen und im Falle einer Anfrage militärische Fähigkeiten zur Verfügung stellen, schreibt Lambsdorff.

Für ihn ist klar, dass militärische Mittel den IS hart treffen könnten. Stabilität in Syrien würden sie jedoch nicht bringen. Damit die Waffen dauerhaft schweigen, müsse auch mit Assad gesprochen werden. "Eine dauerhafte Lösung bedarf daher gleichzeitig einer diplomatischen Offensive." Das bedeutet für Lambsdorff auch: "Das Assad-Regime kann nicht dauerhaft Teil eines neuen Syriens sein." Deshalb müsse mit der Befriedung Syriens eine Exitstrategie für Assad einhergehen. Angesichts der sehr unterschiedlichen Interessen der beteiligten Staaten ist für den Freidemokraten nicht nachvollziehbar, "warum es keine funktionierende Syrien-Kontaktgruppe gibt."

Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag:

Die Flüchtlingskrise stellt die EU vor nie geahnte Herausforderungen. Doch für die Bekämpfung der Fluchtursachen gibt es allenfalls Ideen, keine Maßnahmen. Verzweifelt sucht die Völkergemeinschaft einen Weg, um den Krieg in Syrien zu beenden. Unterdessen schafft Wladimir Putin Tatsachen - wieder einmal.

Für die westliche Welt ist Putin in Europa ein Problem, im Nahen Osten aber möglicherweise Teil einer Lösung. Als Helfer Europas einerseits und Schutzpatron eines international isolierten Regimes andererseits könnte der russische Präsident am Ende der große Gewinner sein.

Strategie Europas muss zweigleisig sein

Vor diesem Hintergrund muss die Strategie Europas zweigleisig sein. Die Terrormiliz IS kann nur mit militärischen Mitteln zurückgedrängt werden. Die Beteiligung Großbritanniens und Frankreichs an den Luftschlägen ist dabei ein wichtiger Beitrag.

Auch Deutschland sollte Verantwortung übernehmen und im Falle einer Anfrage militärische Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Wo wir Solidarität in der Flüchtlingsfrage einfordern, dürfen unsere Verbündeten auch Unterstützung bei der Intervention vor Ort erwarten. Klar ist aber auch: Militärische Mittel können den IS hart treffen. Stabilität in Syrien werden sie jedoch nicht bringen. Eine dauerhafte Lösung bedarf daher gleichzeitig einer diplomatischen Offensive. Angesichts der sehr unterschiedlichen Interessen der beteiligten Staaten ist nicht nachvollziehbar, warum es keine funktionierende Syrien-Kontaktgruppe gibt.

Iran-Abkommen als Blaupause für Syrien-Krise nutzen

Von Außenminister Steinmeier ist in dieser Frage nichts zu hören. Gerade jetzt aber müsste Deutschland aktive und sichtbare Friedenspolitik betreiben. Das Format der Iran-Verhandlungen könnte dabei der Schlüssel zum Erfolg sein. Unter EU-Vorsitz wurde der Atomkonflikt nach jahrelangen Verhandlungen eingehegt. Diese Erfahrung muss jetzt als Blaupause für die Bewältigung der Syrien-Krise genutzt werden.

Eine mögliche Lösung muss die Interessen Europas, der USA, Russlands, Chinas, der Türkei und Irans berücksichtigen und die Rechte aller religiösen und ethnischen Gruppen gleichermaßen schützen. Und sie muss den Flüchtlingen eine Rückkehrperspektive eröffnen. Denn viele syrische und irakische Familien würden lieber zu Hause in bescheidenem Wohlstand und Frieden leben, als sich in der Fremde ein neues Leben aufbauen zu müssen.

Mit Assad reden

Damit die Waffen dauerhaft schweigen, muss auch mit Assad gesprochen werden. Nur seine Regierung hat die militärischen Mittel, dem IS am Boden entgegenzutreten - sofern Moskau nach seinem Parlamentsbeschluss nicht eigene Soldaten schickt. Dennoch kann das Assad-Regime nicht dauerhaft Teil eines neuen Syriens sein. Denn große Teile der geschundenen Bevölkerung sind auch vor dem grausamen Despoten geflohen.

Deshalb muss mit der Befriedung Syriens eine Exitstrategie für Assad einhergehen. Unter diesen Bedingungen wäre das russische Vorgehen wirklich Teil einer Lösung statt Ursache neuer Probleme. Sollte Putin einen solchen Beitrag zur Beendigung des Bürgerkriegs und zu einem Neustart in Syrien leisten, könnten das erste Schritte zur Wiederannäherung sein.

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