StiftungHintergrundbericht

Wahlkampf um Personen statt Inhalten

Wahlzettel
22.10.2014

Am 26. Oktober wählt die Ukraine vorzeitig ein neues Parlament. Im Wahlkampf spielten Programme kaum eine Rolle, so Miriam Kosmehl, Projektleiterin der Stiftung für die Freiheit in Kiew. Vielmehr erreichten Parteien ihre Wähler über den Bekanntheitsgrad ihrer prominentesten Politiker. Im Hintergrundbericht erklärt sie, dass der aktuelle Wahlkampf "mit seinem 'who’s who' in Politik, Gesellschaft und im Krieg" selbst für ukrainische Verhältnisse ungewöhnlich sei.

"Um ganz sicher zu gehen, dass der Wähler sie auch wahrnimmt, nehmen manche Parteien gleich den Namen ihres Aushängepolitikers als Parteinamen, etwa die Radikale Partei von Oleh Liaschko oder die Partei des selbst gar nicht zur Wahl stehenden Staatspräsidenten Poroschenko", hebt Kosmehl hervor. Am Ende gehe es weniger um Ideologie als um Taktik und Macht – was auch am Beispiel der häufigen Parteienwechsel der Kandidaten zu sehen sei. "Ebenso wie das häufige Wechseln der Partei ist in der Ukraine üblich, dass Oligarchen sich in mehreren Parteien engagieren, um ihren Einfluss möglichst breit zu streuen", so Kosmehl.

Arbeitsfähigkeit des Parlaments bleibt ungewiss

Nach aktuellen Umfragen werde der Block Petro Poroschenko stärkste Partei, gefolgt von der Radikalen Partei von Oleh Liaschko. Über die Fünfprozenthürde ins Parlament schafften es wahrscheinlich die Vaterlandspartei Julia Timoschenkos, die von Premier Arsenij Jatzenjuk gegründete Volksfront, die Partei Bürgerliche Position des Ex-Verteidigungsministers Anatolij Hryzenko und Starke Ukraine, eine Nachfolgepartei der Partei des Ex-Präsidenten Wiktor Janukowytsch. Um den Einzug fürchten müssten die sogenannte Freiheitspartei und die neue Partei Selbsthilfe. Chancenlos seien die Partei der Regionen, die Kommunistische Partei der Ukraine, der Rechte Sektor und die Neugründung Kraft der Menschen, die allerdings Einzelmandate gewinnen könnten.

Ob das künftige Parlament "ein Haufen zusammengewürfelter Einzelpersonen sein wird oder ein Ort, an dem sich Koalitionen für gemeinsame Inhalte und programmatische Lösungen bilden", ist aus Sicht der Stiftungsexpertin ungewiss. Kosmehl appellierte an die neuen Parlamentarier, ihre gesammelten Erfahrungen zu nutzen, um Reformen einzufordern, die politische Kultur im Parlament zu verbessern und mit Fachleuten außerhalb des Parlaments zusammenarbeiten.

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