FDPNSA-Affäre

Wir müssen endlich Klarheit haben

Gerhart BaumGerhart Baum sieht alle in der Pflicht: Die Europäer müssen sich gemeinsam wehren
15.07.2014

Trotz parlamentarischer Sommerpause kommt der Innenausschuss des Bundestages am Dienstag zu einer Sondersitzung zur US-Spionageaffäre zusammen. Für den ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum hat der NSA-Ausschuss eine ganz besonders wichtige Funktion. "Wir müssen endlich Klarheit haben, nach welchen Methoden unsere Dienste arbeiten und wie sie mit anderen Diensten zusammenarbeiten", schreibt der Liberale in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

„Noch nie in der Geschichte der Geheimdienste sind Transparenz und Kontrolle angesichts der überbordenden Datenverarbeitung so wichtig wie heute. Alles spricht dafür, dass es zu verfassungswidriger Internetüberwachung auch durch deutsche Geheimdienste gekommen ist. Parlament und Öffentlichkeit haben Anspruch auf Informationen“, so Baum.

Deutschland muss stärker Flagge zeigen

Er selbst hat derzeit den „fatalen Eindruck, dass die Loyalität der Geheimdienste untereinander größer ist als die zur Verfassungsordnung ihres jeweiligen Staates.“  Der Liberale plädiert in seinem Gastbeitrag dafür, dass Deutschland gegenüber Amerika noch stärker Flagge zeigt.  

Mit Blick auf Äußerungen vom Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der den Deutschen „German Angst“ unterstellt, sagt Baum: „Wer für Grund- und Menschenrechte eintritt, beweist im Gegenteil Stärke. Geheimdienstsolidarität kann nicht wichtiger sein als Rechtsempfinden.“ Bundesinnenminister Thomas de Maizière wirft er vor, die NSA-Affäre herunterzuspielen. „Verharmlosend wirkt auch seine Warnung, sich nicht auf die NSA zu fixieren und dabei Russland und China aus dem Blick zu verlieren.

Entscheidungen der europäischen Institutionen gefordert

Baum sieht alle Europäer in der Pflicht: „Nun muss europäische Politik den Schlüssel nutzen, den ihr der EuGH in die Hand gegeben hat. Er hat sich mit seinen beiden Urteilen zur Vorratsdatenspeicherung und zu Google als Verfassungsgericht neu erfunden. Er nimmt die Europäische Grundrechtscharta ernst.“ Die Europäer müssten dem permanenten Verstoß gegen europäische Grundrechte entgegentreten: „Sie müssen sich doch gemeinsam wehren. Hier sind Entscheidungen der europäischen Institutionen gefordert“, schreibt Baum.

Dass so gut wie nichts geschieht, hängt auch mit der Haltung der Bundesregierung zusammen, ist der Liberale sicher. „Die Reaktion der Bundesregierung auf die massenhafte Ausspähung durch die NSA ist völlig unzureichend und lässt teilweise die erforderliche Sensibilität für den Umgang mit der Freiheit der Menschen vermissen.“

Baum mahnt, dass der Blick für die Bedeutung der Datenschutz-Grundverordnung nicht verloren gehen darf: „Sie ist die Antwort der EU auf die Herausforderungen durch global agierende IT-Konzerne und, zumindest symbolisch, auch auf die NSA-Affäre. Diese Antwort lässt schon viel zu lange auf sich warten. Deutschland ist wohl der Mitgliedstaat mit der größten Tradition im Datenschutzrecht und muss sich daher an die Spitze setzen, statt im Bremserhäuschen über immer neue Probleme und Bedenken zu sinnieren.“

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