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AfD will Stresemanns Erbe missbrauchen

Porträt von Gustav Stresemann auf einer Briefmarke. Bild: neftali / Shutterstock.comPorträt von Gustav Stresemann auf einer Briefmarke. Bild: neftali / Shutterstock.com
22.12.2017

Die AfD will eine parteinahe Stiftung nach Gustav Stresemann benennen, dem liberalen Außenminister der Weimarer Republik. Diese Pläne stoßen auf Empörung, seine Enkel wollen sich rechtlich wehren. Und nicht nur sie: Alle Demokraten der Versöhnung müssten dagegen aufstehen, schreibt Karl-Heinz Paqué, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung, in einem Beitrag für freiheit.org. Denn: Die deutsche Vergangenheit sei kein Selbstbedienungsladen für Rechtspopulisten.

"Halten wir fest: In der Weimarer Republik wurde der Liberale Gustav Stresemann als versöhnungsbereiter Außenminister von der politischen Rechten, der Deutschnationalen Volkspartei, auf das Übelste beschimpft, und zwar über Jahre, immer wieder, gnadenlos", stellt Paqué klar. Diese Attacken hätten seine Gesundheit zernagt: "Er wurde nicht ermordet wie sein prominentester Vorgänger, der große Liberale Walther Rathenau, aber Historiker sind sich einig, dass er unter den Angriffen fürchterlich litt."

Jetzt wolle die AfD ausgerechnet das Opfer ihrer eigenen Gesinnungsvorfahren zum Namensgeber ihrer geplanten Stiftung machen. "Der Erfinder der Idee, Alexander Gauland, liebt Geschichte und weiß um deren Wirkungsmacht. Deshalb will er seine Partei in eine unangreifbare patriotische Tradition stellen, auch wenn die AfD mit ihrer völkischen Gesinnung eher zum geistigen Erbe der Zerstörer der Weimarer Republik passt", erläutert Paqué. Den Rechtspopulisten gehe es nur um die politische Effektivität, nicht um die wahren historischen Wurzeln. "Dies dürfen die politischen Stiftungen nicht akzeptieren – und auch nicht der Gesetzgeber und die Stiftungsaufsicht."

"Konrad-Adenauer-Stiftung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung, das sind ehrliche Gewächse der deutschen Geschichte mit Namen, die tief verwurzelt sind in der jeweiligen demokratischen Tradition von Vorläuferparteien, und sie wurden gerade als Bollwerk gegen völkisches und nationalistisches Gedankengut gegründet", gibt Paqué zu bedenken. Auch die Heinrich-Böll-Stiftung der Grünen könne beanspruchen, einen Visionär ihrer eigenen politischen Überzeugung zum Namensgeber gewählt zu haben, ebenso wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung. "Gaulands krause Ideen dagegen brechen brutal mit dieser Tradition, und dies ist eine Schande. Vielleicht zeigt dies einfach, dass die AfD die Vorstellung politischer Bildung eigentlich verachtet und als reines machtpolitisches Instrument betrachtet. Sie sieht dies so, wir nicht."

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