FraktionenInnere Sicherheit

Amri-Ermittlungspannen gründlich aufarbeiten

Der Breitscheidplatz nach dem AnschlagDer Breitscheidplatz nach dem Anschlag
12.12.2017

Die unendliche Pannen-Geschichte rund um den Breitscheidplatz-Terroranschlag bekommt immer neue Kapitel. FDP-Fraktionsvize Stefan Thomae zieht kritische Bilanz: "Dass eine dringende Anfrage aus Nordrhein-Westfalen an die Berliner Polizei zum Aufenthalt von Anis Amri offenbar unbeantwortet blieb, zeigt erneut, dass eine dramatische Schwachstelle bei der Koordination unserer Sicherheitskräfte besteht." Angesichts erschreckender Lücken in der Sicherheitsarchitektur Deutschlands sei eine gründliche Aufarbeitung des Falls unerlässlich. "Wir fordern daher die rasche Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag", sagt er.

Laut Recherchen von Morgenpost und RBB forderte das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen in einer E-Mail vom 26. Oktober die Berliner Polizei auf, Informationen zum Aufenthaltsort Amris zu übermitteln. Es kam jedoch keine Antwort. Auch insgesamt wurde der identifizierte Gefährder nur lückenhaft überwacht. Die Summe der Ermittlungspannen zeige jetzt schon sehr deutlich, dass die innere Sicherheit in Deutschland durch gutes und geschultes Personal und nicht durch das anlasslose Sammeln von Daten gewährleistet werde, betont Thomae. "Diese Erkenntnis macht es dringend notwendig, unsere Sicherheitsarchitektur zu reformieren und den internationalen Informationsaustausch zu verbessern."

Möglicher Komplize abgeschoben und in Tunesien untergetaucht

Für weitere Bestürzung sorgten Recherchen des Focus, die aufdeckten, wie ein enger Freund Amris, Bilal Ben Ammar, am 1. Februar 2017 plötzlich abgeschoben wurde, obwohl noch Ermittlungen wegen Mordes gegen den Tunesier liefen. Nun kommen neue Informationen aus den Akten der Bundesanwaltschaft ans Licht: So soll Ben Ammar bereits im Februar 2016 den späteren Tatort Breitscheidplatz und insbesondere dessen Zufahrten fotografiert haben. Außerdem trafen sich Ben Ammar und Amri nach Polizeiinformationen noch am Abend vor dem Anschlag und telefonierten ausführlich. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Marcel Luthe, hält die Abschiebung Ben Ammars für einen Vertuschungsversuch. "Diese Nacht-und-Nebel-Aktion lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Ben Ammar sollte als Zeuge weder den Ermittlern noch dem Parlament zur Verfügung stehen", sagte er dem Focus. (ch)

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