15.03.2019FDPFDP

BEER: Großbritannien muss ein wichtiger Teil Europas bleiben

Zu den Brexit-Entscheidungen im britischen Unterhaus erklärte die Spitzenkandidatin der FDP zur Europawahl, FDP-Generalsekretärin Nicola Beer, heute in einem Statement:

"Das Unterhaus will eine Fristverlängerung beim Brexit, aber es weiß immer noch nicht wozu. Dafür steht offensichtlich eine dritte Abstimmung in der nächsten Woche über den Deal von Theresa May an. Und so unwahrscheinlich es auch nach zwei Abstimmungsniederlagen sein mag, es ist nicht ausgeschlossen, dass Theresa May jetzt, wo das Unterhaus quasi noch tiefer in den Abgrund schaut, diesmal zustimmt. Das wäre eine Zustimmung, vielleicht aus Erschöpfung, aus Ermattung, oder weil man einfach das Drama, das längst eine Tragödie geworden ist, in Großbritannien beenden möchte. Aber klar ist, dass May an dieser Stelle hoch pokert.

Wenn diese Zustimmung nächsten Mittwoch käme, dann wäre der Weg frei für Theresa May für eine kurze Fristverlängerung, eine technische Fristverlängerung, um ihren Deal dann noch in Gesetzgebungspaketen in Großbritannien umzusetzen. Ich bin mir sicher, dass der Gipfel am Donnerstag dem dann zustimmen würde. Das wäre sinnvoll, denn dann hätten wir einen geordneten Brexit.

Wenn Theresa May allerdings zum dritten Mal keine Mehrheit für ihren Vorschlag erhält, dann müsste sie eine längere Fristverlängerung beantragen, aber dann bleibt die dringliche Frage: Wozu? Um was zu machen? Erneute Verhandlungen mit der Europäischen Union? Dann müsste man wenigstens wissen, mit welchem Ziel und auf welcher Grundlage diese Verhandlungen stattfinden sollten.

Soll es Neuwahlen geben? Oder vielleicht doch ein zweites Referendum? Oder eine überparteiliche, überparlamentarische Initiative von Abgeordneten, die Theresa May das Heft aus der Hand nimmt? Viele Möglichkeiten, die überhaupt noch nicht konkretisiert sind, und die erst konkretisiert werden müssten, um sinnvollerweise zu entscheiden, ob eine lange Fristverlängerung sinnvoll ist. Denn wir müssen ja auch im Auge behalten, was das dann für die Europäische Union bedeutet. Vor allem, dass dann die Briten auch bei den Europawahlen am 26. Mai mit abstimmen müssten. Eine absurde Situation, nach zwei Jahren Verhandlung und der Entscheidung in Großbritannien, herauszuwollen aus der Europäischen Union.

Meine Schlussfolgerung: Der Ball liegt bei Theresa May. Gelingt es ihr, mit ihrer Sturheit doch noch den Vertrag am Mittwoch mit einer Mehrheit im britischen Parlament zu bekommen, dann hat sie den Weg frei für eine kurze, eine technische Fristverlängerung. Gelingt es ihr nicht, dann kann der Gipfel am Donnerstag nur darauf dringen, dass eine klare Richtung erkennbar sein muss für eine längere Fristverlängerung, denn eine Zustimmung kann es nicht geben, nur um ein „weiter so“ von dem zu sehen, was wir die letzten zwei Jahre gesehen haben. Eine Zustimmung kann es nur geben, wenn klar ist, auf welcher Grundlage - also entweder einer Zollunion, oder einem Freihandelsabkommen - eventuell weiterverhandelt werden soll.

Ein Ziel könnte natürlich auch ein zweites Referendum sein. Ich sage ganz persönlich: Ich würde mir wünschen, dass durch ein zweites Referendum am Ende Großbritannien doch in der Europäischen Union verleibt. Aber das ist eine Entscheidung, die die Briten selber treffen müssen.

Zwei Punkte sind mir noch wichtig, denn ich finde, dass das in der aktuellen Diskussion über das Hin und Her in Großbritannien untergeht. Erstens: Wir müssen dringend über den Zustand der Europäischen Union sprechen. Die Europäische Union muss grundlegend reformiert werden, sie ist in keiner guten Verfassung. Und diese Diskussion wird momentan leider überschattet von den Diskussionen über den Zustand in Großbritannien, über die Frage Deal oder No-Deal. Wir müssen aber schauen, dass wir die Europäische Union wieder richtig fit machen für die Zukunft, weshalb wir diese Diskussionen, gerade jetzt vor den Europawahlen, mit umso größerer Vehemenz führen müssen.

Ein zweiter Punkt ist mir ebenso wichtig: Am Donnerstag muss von dem Gipfel das Signal ausgehen, dass Großbritannien, auch wenn es die Europäische Union verlässt, weiter ein wichtiger Teil von Europa bleiben wird. Wir müssen dringend darüber sprechen, wie diese zukünftigen Beziehungen aussehen werden. Wir brauchen weiterhin enge Beziehungen bei Wissenschaft, bei Handel, aber auch in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik und ich wünsche mir, dass wir dieses Signal dann auch am Donnerstag erhalten."

Zur Frage, wie realistisch ein zweites Referendum ist:

"Wir haben gestern sehen können, dass sich über 200 Abgeordnete bei der Abstimmung über das zweite Referendum enthalten haben. Offensichtlich ein taktisches Abstimmungsverhalten, nach dem Motto: Es ist momentan noch nicht die Zeit, über ein zweites Referendum positiv zu bescheiden. Deshalb ist ein zweites Referendum sicherlich nicht wahrscheinlicher geworden, aber es ist noch im Spiel."

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