26.09.2017FDPFDP

BEER-Interview: Wir wollen auch Weltmeister in der Bildung werden

Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer gab dem „Deutschlandfunk“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Manfred Götzke.

Frage: Würden Sie heute das Ministeramt noch weglächeln?

Beer: Na, ich würde doch erst noch mal lachen. Ich glaube, wir müssen etwas langsamer machen. Ja, wir freuen uns als Freie Demokraten unfassbar, dass wir wieder in den Deutschen Bundestag einziehen können. Das ist schon ein grandioses Comeback nach vier Jahren außerparlamentarischer Opposition. Aber wenn jetzt diese Freude erst einmal vorbei ist und jetzt die harte Arbeit anfängt – wir müssen schlicht zur Kenntnis nehmen, dass das ein schwieriger Weg sein wird und auch nicht garantiert ist, dass es erfolgreich zu Jamaika führt. Wir haben vier sehr unterschiedliche Partner an einen Tisch zu bringen, und klar ist auch mit Blick auf Ihre Frage nach den Ministerien, da muss es erst einmal um Inhalte gehen und nicht um Posten.

Frage: Sie haben im Wahlkampf vollmundig die weltbeste Bildung versprochen. Können Sie die mit Grün und Union auch schaffen, umsetzen, anbieten?

Beer: Das wird eine dieser Fragen sein. Wir haben klar definiert, dass wir Trendwenden für die deutsche Politik brauchen. Und eine der wichtigsten, deswegen steht sie auf unserem Parteitagsbeschluss vom vorletzten Sonntag ja auch an allererster Stelle, ist für uns weltbeste Bildung, und zwar für jeden. Das heißt, wir nehmen die gesamte Altersgruppe auf, von den ganz Kleinen bei Krippen und Kindergärten, bis hin ins hohe Alter. Da geht es darum, dass wir mehr investieren, auch schon früher investieren. Aber es geht insbesondere darum, dass wir endlich auf die Qualität abstellen unseres Bildungssystems. Wir wollen bei Investitionen und nachher auch bei dem, was an Qualität hinten rauskommt, bei Lernerfolgen, in die Top-Fünf der OECD-Länder aufsteigen.

Frage: Damit Sie das alles investieren können, wollen Sie ja als FDP das Kooperationsverbot abschaffen. Die Grünen wollen das auch. Die Union will das nicht. Ist dieses Kooperationsverbot, die Abschaffung das dickste Brett, das Sie bei möglichen Koalitionsverhandlungen bohren müssen?

Beer: Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Wir brauchen eine sehr grundlegende Reform des Bildungsföderalismus, und für uns ist dann eben nicht die Frage, sich jetzt mit Grünen oder CDU darüber zu streiten, Landesebene oder Bundesebene – wir haben ja drei Ebenen, die beteiligt sind, Kommune, Land und Bund –, und wir wollen die Schulen stärken. Das heißt, wir wollen selbstständige Schulen und das Geld, das wir investieren wollen, wir sprechen ja von zehn Milliarden im Jahr aus dem Mehrwertsteueraufkommen, wollen wir direkt in Schulen investieren, die dann auch eigenverantwortlich sein sollen, bei Budget, bei Personal und Organisation. Und damit das funktioniert, wenn man eben den Mut hat, die Vielfalt der Wege zuzulassen, um individuell auch zu fördern vor Ort nach den entsprechenden Notwendigkeiten, die vor Ort bestehen, muss man hinten raus bundesweit einheitliche Standards haben, die dann aber auch kontrolliert werden. Das fehlt momentan.

Frage: Haben Sie denn da schon so ein bisschen vorsondiert bei den Grünen und bei der Union, was die davon halten?

Beer: Nein, wir sondieren nicht vor den Sondierungen, sondern wir machen das dann, lassen das auf uns zukommen. Es bestehen erste Kontakte unter den Parteien. Man kennt sich ja auch aus früheren Zeiten. Aber das ist alles – da gibt es weder einen Zeitplan noch gibt es Sondierungsgruppen, und es gibt auch noch keine Termine, und da wird dann auch nicht vor der Sondierung vorsondiert. Wir sehen ja, was bei den Kolleginnen und Kollegen in den Wahlprogrammen steht. Schön ist, alle wollen mehr für die Bildung tun, schön ist, alle sind mittlerweile auch so wie wir dabei, zu sagen, es hat sehr viel jetzt auch mit der Digitalisierung zu tun. Das gibt ja noch mal einen ganz großen Modernisierungsbedarf, bei Lehrplänen, bei Lehrkräftefortbildung, aber auch bei der Ausstattung unserer Schulen. Und da bin ich dann doch zuversichtlich, dass wir einen Weg finden werden, um endlich auch zu sagen, wir wollen nicht nur Weltmeister im Fußball, wir wollen auch Weltmeister in der Bildung werden.

Frage: Aber es gibt ja fundamentale Unterschiede. Für Streit könnte zum Beispiel ein Thema sorgen, was die Hochschulen betrifft. Sie wollen ja den Hochschulen ermöglichen, nachgelagerte Studiengebühren zu erheben. Für die Grünen ist das ein No-go.

Beer: Klar gibt es Konfliktpunkte. Wenn es keinerlei Konfliktpunkte gäbe, wären wir alle in derselben Partei, das ist logisch. Es ist nachher die Frage, ob man sich drauf einlassen kann, auch bei den anderen Gesprächspartnern, die Bildungseinrichtungen eigenständig zu machen. Wir wollen autonome Hochschulen, und dazu gehört für uns eben auch, dass sie selbst darüber entscheiden können, ob es zusätzlich zur staatlichen Finanzierung für einzelne Studiengänge nachgelagerte Studiengebühren gibt. Wir kombinieren das aber eben auch mit einem elternunabhängigen BAföG. Das heißt, wir wollen weg von der Antragsbürokratie hin zu einem BAföG, wo jeder Studierende 500 Euro im Monat bekommt, unabhängig davon, sich irgendwo lange in Schlangen einreihen zu müssen, gerade weil wir sehen, dass immer mehr Studierende arbeiten und immer weniger Studierende BAföG-berechtigt sind.

Frage: Sie klingen trotzdem relativ zuversichtlich. Würden Sie sagen, Bildung würde bei anstehenden Koalitionsverhandlungen mit Union und Grünen eher ein unproblematisches Thema werden?

Beer: Nein, ich glaube, es gibt nachher am Ende keinerlei unproblematische Themen. Aber ich setze darauf, dass wir erst einmal offen von allen Seiten in diese Gespräche gehen. Nachher geht es eben nicht um parteipolitische Taktiererei, sondern es muss um die Zukunft Deutschlands gehen, und die wird bei der Bildung entschieden werden. Weil das ist die Grundlage für jeden, nachher selbstbestimmt, erfolgreich eben auch am Arbeitsmarkt teilhaben zu können, sein Leben selbst gestalten zu können, auch seine Träume zu verwirklichen.

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