FDPSpionage-Affäre

BND-Skandal ist Versagen des Bundeskanzleramtes

Wolfgang KubickiWolfgang Kubicki
24.04.2015

Der Bundesnachrichtendienst kommt in der NSA-Spionageaffäre immer mehr unter Druck. Er soll den Amerikanern massiv Amtshilfe beim Ausspionieren europäischer Unternehmen und Politiker gegeben und alles lange verschwiegen haben. Die Bundesregierung bescheinigte dem BND öffentlich Defizite. Für FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki ist das "definitiv keine lässliche Sünde mehr". Er erwartet jetzt "einen klaren personellen Schnitt beim BND."

Der NSA-Skandal weitet sich immer mehr aus. Inzwischen geht es darum, dass der BND für den US-Geheimdienst NSA gezielt die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker ausgehorcht haben soll. In den vergangenen Jahren ist dem BND demnach stückweise klar geworden, dass die von den Amerikanern gelieferte Suchkriterien (Selektoren) - etwa IP-Adressen von Computern - für den vom BND abgehörten Datenverkehr auch deutschen Interessen widersprechen. Dass dies für 40 000 Selektoren zutrifft, brachte laut "Spiegel online" erst der NSA-Ausschuss ans Licht. Betroffen sein sollen etwa der Rüstungskonzern EADS, der Hubschrauberhersteller Eurocopter oder französische Behörden.

Wolfgang Kubicki ist fassunglos: "Gerade das Bundeskanzleramt, das die fachliche Aufsicht über den BND ausübt, muss sich jetzt fragen lassen, warum die eigenen Kontrollmechanismen nicht einmal ansatzweise gegriffen haben."

Komplettes Versagen

"Es handelt sich hier nicht allein um ein komplettes Versagen des BND, sondern vor allem der Fachaufsicht", fällt der Freidemokrat sein vernichtendes Urteil. Er fordert: "Kanzleramtsminister Altmaier selbst muss für rückhalt- und schonungslose Aufklärung sorgen. Hierzu gehört auch, die Verantwortlichkeiten für dieses Unvermögen zu benennen."

Für den Juristen beweist dieser Vorgang einmal mehr, "dass wir ein hohes Misstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden haben müssen. Wir erwarten jetzt einen klaren personellen Schnitt beim BND.“

Recht auf Verschlüsselung

Der FDP Netzpolitiker und Veranstalter der ersten Cryptoparty im Bundestag, Jimmy Schulz, sieht sich bestätigt: "Der BND stand von Anfang an im Verdacht enger mit der NSA zusammengearbeitet zu haben als der Präsident zugeben wollte. Dass dieser schon im August 2013 im Bundestag weitere Zusammenarbeit weit von sich wies ist an Dreistigkeit kaum zu übertreffen." Der Vorgang schade dem Vertrauen der Bürger in den Staat nachhaltig.

Schulz hält in dieser Situation eine diplomatische Lösung mit den Amerikanern für unrealistisch: "Wenn internationale Abkommen und Gesetze unsere Privatsphäre nicht mehr vor neugierigen Geheimdiensten schützen können, dann müssen wir sie eben aussperren." Das Bundesvorstandsmitglied fordert daher, dass Kommunikationsdiensteanbieter sämtliche Kommunikation als Standard verschlüsselt Datenschutzrecht für ganz Europa stärkenanbieten müssen.

Geheimdienste besser kontrollieren

Erst vor kurzem hatte der FDP-Politiker Markus Löning ein Papier vorgelegt, in dem er unter anderem fordert, dass sich der Bundesnachrichtendienst (BND) auch im Ausland an deutsches Recht halten muss. Zudem solle die parlamentarische Kontrolle durch die Einführung eines Geheimdienstbeauftragten des Bundestags gestärkt werden.

Durch die NSA-Enthüllungen sei deutlich geworden: In fast allen Demokratien fehlten effektive Regeln und Kontrollen für die Arbeit der Nachrichtendienste im digitalen Zeitalter, verdeutlicht Löning. Auch in Deutschland sei die parlamentarische und gerichtliche Aufsicht nicht ausreichend. Deswegen müssten Aufsicht, Kontrolle und gesetzliche Grundlage der Geheimdienstarbeit dringend modernisiert werden. Hierfür skizziert Löning eine umfassende Reformagenda. "Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) bekommt zur Unterstützung seiner Arbeit einen Geheimdienstbeauftragten mit einem angemessen großen Stab von Technikern, Juristen und Nachrichtendienstexperten. Dieser Stab kontrolliert im Auftrag der Mitglieder des PKGr operative Vorgänge der Dienste", schlägt er vor.

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