26.09.2017FDPFDP

BUSCHMANN-Interview: Fehlende Fantasie für Jamaika hat sich nicht verflüchtigt

Der FDP-Bundesgeschäftsführer Dr. Marco Buschmann gab der „Welt“ (Dienstag-Ausgabe) und „Welt Online“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Adrian Arab.

Frage: Die FDP hat sich in ihrer Zeit als außerparlamentarische Opposition mehrfach über Häme seitens der Grünen beschwert. Mit welchem Gefühl haben Sie den Wahlabend erlebt, nachdem Ihre Partei den möglichen Koalitionspartner überholt hat?

Buschmann: Wir haben ein wunderbares Wahlergebnis erreicht – den höchsten Zugewinn in der Geschichte unserer Partei. In einem solchen Moment freut man sich über den Erfolg und muss sich nicht mit anderen vergleichen oder auf sie herabschauen. Im Gegenteil: Das wäre kein feiner Zug, sondern eine Charakterschwäche. Ich empfinde daher keine Häme, sondern erkenne an, dass die Grünen sogar stärker abgeschnitten haben, als viele – vermutlich auch sie selbst – erwartet haben.

Frage: Die SPD hat angekündigt, für keine Regierung zur Verfügung zu stehen. Die einzige realistische Mehrheit wäre demnach eine Regierungskoalition aus CDU, FDP und Grünen. Ist ein Jamaika-Bündnis jetzt ausgemachte Sache?

Buschmann: Eine Regierungsbeteiligung der FDP ist alles andere als ein Automatismus. Es gilt weiterhin das, was wir vor der Wahl gesagt haben. Wir sind bereit, über ein Bündnis zu sprechen, aber im Ergebnis müssen wir unsere Inhalte darin wiederfinden. Ansonsten werden wir alle Möglichkeiten nutzen, die die Verfassung vorsieht.

Frage: Das wären – sofern es zu keiner Koalition käme – Neuwahlen. Halten Sie das für eine realistische Option?

Buschmann: Ja, die Verfassung sieht diese Möglichkeit vor. Allerdings tut man nicht gut daran, vorschnell davon Gebrauch zu machen. Denn mit unserem Ergebnis sind wir vom Wähler beauftragt worden, eine vernünftige Lösung zu finden.

Frage: Herr Schulz hat noch am Wahlabend verkündet, seine Partei in die Opposition führen zu wollen. Hat er die FDP in eine Koalition getrieben?

Buschmann: Herr Schulz ist von Panik getrieben, nachdem er für die SPD ein desaströses Wahlergebnis eingefahren hat. Er versucht jetzt, den geordneten Rückzug anzutreten. Dabei gelingt es ihm nicht, auf uns Druck auszuüben. Wir sind Herr unseres Verhaltens und unseres Handelns.

Frage: Eine Jamaika-Koalition wäre auf Bundesebene ein Novum. Auch auf Länderebene hat sie noch keine Legislaturperiode überstanden. Was stimmt Sie optimistisch, dass es diesmal gelingen kann?

Buschmann: Wer sagt denn, dass ich optimistisch bin? Wir stehen an einem Zeitpunkt, an dem überhaupt nicht klar ist, wie eine mögliche Regierung aussehen wird. Es ist an Frau Merkel, auf uns zuzugehen. Wenn sich schon bei den Sondierungen herausstellen sollte, dass da Partner zusammenkommen müssten, die gar nicht richtig zusammenkommen wollen, dann geht es nicht. Die Jamaika-Koalition funktioniert in Schleswig-Holstein gut, aber das hängt sehr stark an den dort handelnden Persönlichkeiten. Die uns fehlende Fantasie für Jamaika hat sich über Nacht nicht verflüchtigt.

Frage: Würden Sie Ihre Mitglieder über eine Koalition abstimmen lassen?

Buschmann: Wir haben bereits angedeutet, dass wir das Abstimmungsverfahren, das sich nach den Koalitionsgesprächen in Nordrhein-Westfalen bewährt hat, im Fall der Fälle wiederholen würden. Das ist aber kein Mittel, um unsere Mitglieder zu überzeugen. Das können nur gute Ergebnisse. Wenn es die nicht gibt, fragen wir unsere Mitglieder erst gar nicht, weil wir ihnen nicht ernsthaft mit einem schlechten Vertrag unter die Augen treten können.

Frage: Im Wahlkampf haben FDP und AfD einen Untersuchungsausschuss zur Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gefordert. Wird die FDP mit der AfD angesichts ihres starken Wahlergebnisses konstruktiv zusammenarbeiten?

Buschmann: Die ständige Dämonisierung der AfD hat der Partei genützt, weil sie ihr die Anmutung einer übernatürlichen Stärke zugeschrieben hat. Der richtige Weg wäre, sie jetzt auf dem Feld der Sachpolitik zu stellen. Sollen sie doch mal zeigen, welche konkreten Lösungen sie für Deutschland hat. In den Länderparlamenten gelingt ihnen das nämlich eher schlecht als recht. Die große Mobilisierung ist der AfD deshalb gelungen, weil viele Menschen mit der Stimmabgabe ihren Frust über die gegenwärtige Politik der großen Koalition ausgedrückt haben. Daher nützt ihnen diese Ausgrenzung. Wenn man das verändert, sie in der Sache stellt und ihnen die dämonische Aura nimmt, wird sich zeigen, dass nicht viel dahintersteckt.

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