FDP, FraktionenGastbeitrag

Deutschland muss nach Yücels Freilassung mehr Haltung zeigen

Deniz Yücel ist frei, die Lage der Grundrechte in der Türkei bleibt aber düster. Symbolbild: Shutterstock.comDeniz Yücel ist frei, die Lage der Grundrechte in der Türkei bleibt aber düster. Symbolbild: Shutterstock.com
22.02.2018

In der Freude über Deniz Yücels Freilassung droht eine Erkenntnis in Vergessenheit zu geraten, findet Bijan Djir-Sarai: Der Welt-Reporter sei Geisel des türkischen Präsidenten gewesen. "Wie hoch der Preis für seine Freilassung genau ist, werden wir noch erfahren", mahnt der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Focus-Gastbeitrag. Das ängstliche Auftreten von deutschen Politikern und Medien in dem Fall ist für ihn ein Armutszeugnis. "Wir freuen uns über das Schicksal eines Einzelnen, ohne großartig über die weiteren Folgen nachzudenken. Dabei müssen wir gerade jetzt mehr Haltung zeigen", stellt er klar.

Außenminister Sigmar Gabriel wolle es zwar nicht zugeben, aber es gebe einen Zusammenhang zwischen der Freilassung Yücels und der Verbesserung der Beziehungen zwischen Berlin und Ankara, so Djir-Sarai weiter. "Warum sonst sollte der türkische Premierminister nur einen Tag nach der Freilassung Yücels engere Beziehungen zu Deutschland in der Rüstungspolitik fordern? Im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende betonte er, wie sehr sich die Beteiligung am Bau eines türkischen Panzers für Deutschland lohnen würde." Auch das Verhalten der deutschen Medienlandschaft nimmt er ins Visier. "Aus Angst, die Freilassung Yücels zu gefährden, gab es keinerlei kritische Berichterstattung zum Besuch des türkischen Premierministers Yildirim", rügt er.

Djir-Sarai wünscht sich mehr Mut im Umgang mit dem türkischen Machthaber. "Wir sollten über den Zustand der Menschenrechte und die vielen weiteren gefangenen Journalisten in der Türkei diskutieren", fordert er. Die Politik müsse Erdogan deutlich zeigen, "dass nur ein Rechtsstaat, eine Demokratie auf eine enge Partnerschaft mit der Bundesrepublik Deutschland zählen kann", verdeutlicht Djir-Sarai.

Bundesregierung muss Türkei zur Deeskalation bewegen

Auch mit Blick auf den anhaltenden Syrien-Krieg sieht Djir-Sarai Handlungsbedarf für die Bundesregierung. "Wir sollten über die völkerrechtswidrigen Handlungen der Türkei im Norden Syriens sprechen und über den Verbleib in der Nato nachdenken", fordert der liberale Außenpolitiker. "Erdogan befeuert mit seiner Offensive auf Afrin den Konflikt in Syrien und das Leiden der Menschen immer mehr", konstatiert er. Der türkische Machthaber verkaufe sein Vorgehen als Kampf gegen den Terrorismus, dabei handele es sich um einen aggressiven Militäreinsatz, der die humanitäre Katastrophe in Syrien verschlimmere. Erdogans Ziel dabei sei es, den Einfluss der Kurden mit allen Mitteln zu brechen. Zudem belaste die Offensive der Türkei das Verhältnis der NATO-Partner untereinander. "Die Bundesregierung muss klar Stellung beziehen und die Türkei sofort zur Deeskalation bewegen", verlangt Djir-Sarai. (ch)

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