FDPAsylpolitik

Gesundheit der Flüchtlinge wird vernachlässigt

Marie-Agnes Strack-ZimmermannMarie-Agnes Strack-Zimmermann fordert Fortschritte bei der medizinischen Versorgung von Asylbewerbern
22.10.2015

Der Winter naht – und die medizinische Versorgung vieler Flüchtlinge bleibt mangelhaft. FDP-Vize Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert die Gewährleistung von Erst- und Notfallversorgung sowie Infektionsschutz. Im Gastbeitrag für "Focus Online" kritisiert sie, dass diese Bereiche im neuen "Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz" nicht verbindlich geregelt seien. Für die Freidemokratin ist eindeutig: Angesichts der Notlage braucht es von der Politik Tatkraft und kreative Lösungen statt Zögerlichkeit oder Stammtischparolen.

Strack-Zimmermann appelliert an das Bundesgesundheitsministerium sowie das Robert-Koch-Institut, zum Thema Infektionsschutz Stellung zu beziehen. "Wir brauchen bundesweite Leitlinien, damit jeder Flüchtling gegen Influenza, gegebenenfalls auch gegen Hepatitis und die Kinder gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft werden. Impfungen also, die zum Standardangebot für Menschen in Deutschland gehören", verdeutlicht sie. Daher benötigten Erstaufnahmeeinrichtungen und Unterkünfte ambulante Gesundheitsstationen. "Hier bietet sich an, existierende funktionierende Infrastrukturen wie zum Beispiel die der Bundeswehr zu nutzen", hebt die FDP-Vize hervor.

Mit Blick auf das große ehrenamtliche Engagement der Bürger in der Krise schlägt Strack-Zimmermann außerdem vor, den Bundesfreiwilligendienst bei der allgemeinen Flüchtlingshilfe einzusetzen. "Es wäre eine logische Maßnahme, aus diesem bereits vom Staat eingeführten Dienst, dessen Helfer automatisch versichert und entsprechend abgesichert sind, auch Helfer für die Flüchtlingshilfe zu werben", unterstreicht sie. Gleichzeitig wäre dies eine hervorragende Vorbereitung auf eine soziale Ausbildung. "Und für den Staat würden keine großen Mehrkosten entstehen", führt sie aus.

Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.

Der Bundestag hat das "Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz" auf den Weg gebracht. Leider erst nachdem der Druck auf die Bundesregierung ein ähnliches Ausmaß angenommen hat, wie die Anzahl der in Deutschland Zufluchtssuchenden. Inzwischen ist der Herbst da und es wird kalt draußen. Die Bundesbürger werden aufgefordert, sich rechtzeitig gegen Influenza impfen zu lassen. Prima, aber wie sieht es eigentlich mit der Vorsorge der bald eine Million Flüchtlinge aus?

Im neuen "Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz" stehen dazu nur ein paar dürre unverbindliche Worte. Will oder darf Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nicht mehr zum Thema Gesundheit von Flüchtlingen sagen? Dabei bedarf es dringend der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen in Erstaufnahmeeinrichtungen. Nichts ist derzeit verbindlich geregelt, weder die gesundheitliche Erstversorgung, die Notfallversorgung noch der Infektionsschutz.

Standardangebot sollte auch für Flüchtlinge gelten

Es wird höchste Zeit, dass das Bundesgesundheitsministerium und das Robert-Koch-Institut zum Thema Infektionsschutz Stellung beziehen. Wir brauchen bundesweite Leitlinien, damit jeder Flüchtling gegen Influenza, gegebenenfalls auch gegen Hepatitis und die Kinder gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft werden. Impfungen also, die zum Standardangebot für Menschen in Deutschland gehören.

Daher benötigt jede Erstaufnahmeeinrichtung beziehungsweise jede Unterkunft, in der mehr als 200 Menschen leben, dringend eine ambulante "Gesundheitsstation". Hier bietet sich an, existierende funktionierende Infrastrukturen wie zum Beispiel die der Bundeswehr zu nutzen.

Die Aufgabe des Ministers muss es sein, die Ärzteschaft, egal ob niedergelassene, im Öffentlichen Gesundheitsdienst, in der Klinik oder bei der Bundeswehr tätig, ob Arbeitsmediziner und auch und besonders Ärzte und Ärztinnen im Ruhestand dazu aufzurufen, umgehend mitanzupacken.

Ohne ehrenamtliche Helfer wäre das Hilfesystem längst kollabiert

Die Kommunen werden bei ihrer Aufgabenerfüllung in der Flüchtlingshilfe auch weiterhin nur sehr unzureichend von Bund und Ländern unterstützt. Ohne die inzwischen Millionen von Ehrenamtlichen wäre das Hilfssystem für Flüchtlinge in den Kommunen längst kollabiert. Menschen aus der Nachbarschaft von Flüchtlingsunterkünften, Mitglieder von Vereinen und Kirchengemeinden packen gemeinschaftlich an und machen so Flüchtlingshilfe überhaupt erst möglich.

Gleichzeitig scheint sich in Berlin niemand der Wichtigkeit der vielen ehrenamtlichen Helfer bewusst zu sein. Diese sind nämlich nur dann versichert und genießen nur dann einen kostenlosen Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn ihr Engagement unentgeltlich und regelmäßig ausgeübt wird und von den Ländern, den Kommunen, Verbänden, Trägern oder sonstigen Vereinen organisiert wird. Wer sich davon losgelöst engagieren will, hat Pech gehabt. Es lebe der deutsche Amtsschimmel!

Darüber hinaus bietet sich übrigens der altersunabhängige Bundesfreiwilligendienst an. Es wäre eine logische Maßnahme, aus diesem bereits vom Staat eingeführten Dienst, dessen Helfer automatisch versichert und entsprechend abgesichert sind, auch Helferinnen und Helfer für die Flüchtlingshilfe zu werben. Gleichzeitig wäre dies eine hervorragende Vorbereitung auf eine soziale Ausbildung beziehungsweise soziale Berufe. Und für den Staat würden keine großen Mehrkosten entstehen.

Jeder ist gefordert

Wir dürfen uns nichts vormachen. Wir leben derzeit in einer Art Ausnahmezustand. Wo bleibt die Kreativität? Deutschland braucht keine Minister Hasenfüße, sondern einen Plan, Fantasie und den Mut, endlich den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen, dass wir alle gefordert sind, statt wie Bundesfinanzminister Schäuble Gelder zurückzuhalten und die Bevölkerung durch Stammtischparolen, wie sie von Bundesinnenminister de Maizière zu hören sind, zu verunsichern und so gefährlichen Fremdenhass in unserem Land zu schüren.

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