StiftungGroße Koalition

Grundlage für vernünftiges Regieren ist zerstört

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Bild: FNF | Tobias KochSabine Leutheusser-Schnarrenberger. Bild: FNF | Tobias Koch
06.07.2018

Wochenlang hat CSU-Chef Horst Seehofer die Autorität der Kanzlerin gezielt untergraben, jetzt wollen die beiden weiterregieren, als sei nie etwas gewesen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Vorstandsmitglied der Stiftung für die Freiheit, sieht jedoch anhaltende Schäden durch die Regierungskrise. Die Vertrauensbasis fehle inzwischen komplett, sagt sie im Interview mit der Luzerner Zeitung: "Die Grundlage für ein vernünftiges, erfolgsorientiertes Regieren ist weitestgehend zerstört."

Nach dem ganzen Spektakel mit beleidigenden Aussagen und dem Ultimatum Seehofers könne niemand mehr sagen, wie lange die Regierung noch halten werde, betont Leutheusser-Schnarrenberger. "Da kann morgen der Konflikt von Neuem aufbrechen. Noch einmal eine solche Konfrontation übersteht diese Koalition nicht." Die ehemalige Bundesjustizministerin übt scharfe Kritik an Seehofer, der die Regierungsbeteiligung seiner Partei instrumentalisiert habe, um Merkels Position in einer für Europa sehr schwierigen Zeit zu schwächen. Die Hauptverantwortung für die Krise sieht sie beim CSU-Chef, auch wenn die Kanzlerin Fehler gemacht habe. "Frau Merkel hat im Zweifel immer noch einen Blick für Europa, während Horst Seehofer mit seinem 'Masterplan Migration' ein unausgegorenes Papier zur Migrationskrise vorlegt", konstatiert sie.

Seehofer wisse selbst nicht genau, wie der nun ausgehandelte Kompromiss funktionieren soll, stellt Leutheusser-Schnarrenberger klar. "Die Idee ist nicht einmal mit dem Nachbarn Österreich abgestimmt, wohin Herr Seehofer einen Teil der Flüchtlinge zurückweisen möchte", erläutert sie. Auch die Legitimation an sich, Asylsuchende in geschlossene Transitzentren einsperren, fehle. "Kommt hinzu: Die meisten Bürgermeister in Bayern wehren sich schon jetzt gegen solche Transitzentren in ihren Kommunen", hebt sie hervor. "Die CSU will ein Signal setzen, heißt es immer wieder. Mit Signalen mache ich aber keine Politik."

Dieses Interview erschien erstmals in der Luzerner Zeitung am 04. Juli 2018. © Luzerner Zeitung. Alle Rechte vorbehalten. Lesen Sie hier das gesamte Interview.

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