FDPRede zur Lage der EU

Junckers Grundsatzrede liefert wichtige Impulse

EU-FlaggeSchwierige Zeiten für die Europäische Union.
14.09.2017

Schwierige Zeiten für die Europäische Union: Wie soll das Verhältnis zur Türkei weiter entwickelt werden? Was ist mit dem Brexit? EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gab in seiner jährlichen "Rede zur Lage der Union" einen Ausblick auf die Ausrichtung der Union. EU-Parlamentsvize Alexander Graf Lambsdorff erkennt darin den Versuch, die EU wieder zu einen, und lobt wichtige Impulse, die Juncker hierzu geliefert habe. "Wir Freien Demokraten begrüßen das Bekenntnis zu offenen Märkten und neuen Handelsabkommen", erklärt er. Auch der Vorstoß für einen europäischen Nachrichtendienst sieht er als Schritt in die richtige Richtung zur Verbesserung der EU-Sicherheitsarchitektur.

Darüber hinaus fordere die FDP die Einrichtung einer EU-Bundespolizei, so Lambsdorff weiter: "Denn Terroristen und Schwerkriminelle machen vor Ländergrenzen nicht Halt und sind eine Bedrohung für die gesamte Gemeinschaft." Beide Dienste müssten dem EU-Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig sein. Begrüßenswert sei außerdem Junckers Bekenntnis zur Stärkung des EU-Parlaments und zu einer Initiative für länderübergreifende Listen für die Europawahlen. "Beides findet sich im Wahlprogramm der Freien Demokraten", erläutert Lambsdorff.

Kritik übt er hingegen am Konzept eines Eurozonenbudgets, das die Fehler der Vergangenheit wiederholen würde. "Zum einen hat die EU bereits einen Haushalt, zum anderen würde ein solcher europäischer Länderfinanzausgleich die falschen Anreize in Bezug auf wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik und solide öffentliche Finanzen schaffen", stellt Lambsdorff klar. Gleiches gelte für die Ausdehnung der Eurozone: "Dafür gibt es klare Kriterien in Bezug auf Preisstabilität, Zinssätze, Schuldenstand und Wechselkurse, die strikt eingehalten werden müssen." Auch dem Vorschlag, eine europäische Arbeitsmarktaufsichtsbehörde einzurichten, erteilt er als Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip eine klare Absage.

Spaltung der EU darf nicht vertieft werden

Im Vorfeld der Rede hatte Lambsdorff die Notwendigkeit echter Ansagen betont, die über die fünf Szenarien hinausgehen müssten, die Juncker schon in seinem Weißbuch skizziert hatte. In diesem sechsten Szenario werde der Luxemburger einen Versuch machen, die EU wieder zu einen und die Hand nach Mittelosteuropa ausstrecken, schätzte Lambsdorff im Deutschlandfunk ein.

"Wenn die Europäische Kommission, die als einzige das Recht hat, Gesetzentwürfe vorzulegen, andeutet, dass sie bei Schengen, beim Euro oder bei der Gestaltung des Binnenmarktes Maßnahmen ergreifen will, die für die mittelosteuropäischen Länder von Interesse sind, dann ist das schon eine Ansage", ordnet Lambsdorff entsprechende Überlegungen ein. Er hoffe, dass sie positiv aufgenommen würden. Denn: "Am Ende des Tages haben wir ja alle kein Interesse daran, dass die Spaltung vertieft wird, sondern eher, dass die Spaltung aufgehoben wird."

Der FDP-Europaabgeordnete hat zwei Spaltungslinien identifiziert: "Das eine ist die Nord-Süd-Spaltungslinie. Die ist, gerade was Italien, Griechenland, Spanien angeht, in der Flüchtlingskrise deutlich geworden." Die zweite Spaltungslinie sei die Ost-West-Spaltungslinie. Die östlichen Mitgliedsstaaten würden sich zu oft benachteiligt, abgehängt und nicht ernst genommen fühlen, bemerkte Lambsdorff. Hier müsse Juncker die Länder in Mittelosteuropa motivieren, sich der europäischen Politik insgesamt anzuschließen: "Dass er sagt, wir müssen als Europäer zusammenstehen, denn die Lage um uns herum, Russland, Türkei, Afrika, Brexit, Donald Trump, ist so dramatisch, dass wir uns wirklich nicht an Unterschieden aufhalten sollten."

EU-Kommission muss die Weichen richtig stellen

Diese Kommission habe durchaus noch Chancen, die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen, ist Lambsdorff überzeugt. Bei einigen Punkten sei sie auch stark: Er verweist etwa auf die Position der EU in der Frage, wie sich Staaten und Bürger gegen Weltkonzerne wie Apple, Google, Facebook wehren könnten. "Das geht nur auf der europäischen Ebene." Das Gleiche gelte für globale, aber auch regionale Handelsabkommen. Auch hier könne und müsse die Kommission auf der globalen Bühne für Europa handeln. Die Europäische Union sei gut beraten, wenn sie den Versuch mache, zusammenzustehen, so Lambsdorffs Fazit: "Wenn wir uns auseinanderdividieren lassen in einzelne Staaten, dann werden wir alle darunter leiden."

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