FDPFlüchtlinge

Klare Kriterien für den deutschen Traum

Christian DürrChristian Dürr
13.08.2015

Die Freien Demokraten fordern eine mutige Einwanderungspolitik. FDP-Integrationsexperte Christian Dürr verdeutlichte im Gespräch mit "Focus Online": "Die Politik darf in dem Zustrom von Flüchtlingen keine Bedrohung sehen. Sie muss sie als Chance begreifen." Deutschland habe keine klaren Kriterien, um Einwanderung zu steuern, kritisierte Dürr. Für ihn ist klar: "Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das vor allem ein Ziel hat: Einwanderung in den Arbeitsmarkt."

Dürr betonte, dass eine kontinuierliche Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt "in unserem ureigenen Interesse" liege. Die schrumpfende und alternde Bevölkerung könne sonst zu einem massiven Wohlstandsverlust in Deutschland führen, warnte er. Diese Einschätzung teilt auch FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff. Deswegen haben die Freien Demokraten auf ihrem Parteitag im Mai auch Eckpunkte für ein Einwanderungskonzept beschlossen.

Flucht und Einwanderung müssen sich nicht ausschließen

Die FDP wirbt dafür, dass Flucht und Einwanderung sich nicht mehr gegenseitig ausschließen. Wer als Asylbewerber in die Bundesrepublik einreise, könne gleichzeitig die Bedingungen für die reguläre Einwanderung erfüllen und deswegen bleiben – auch, wenn kein Asyl gewährt wird. Flüchtlingen, die hinreichend qualifiziert seien, müsste deswegen eine Perspektive eröffnet werden, aus dem Asylverfahren in ein Einwanderungsverfahren zu wechseln. "Wir müssen auch im Ausland verdeutlichen, welche Chancen auf Einwanderung es gibt", betonte Dürr.

Anwerbeabkommen für den Balkan

Mit Blick auf die hohen Flüchtlingszahlen vom Balkan machte Dürr deutlich, dass "gerade bei Ländern, deren extrem junge Bevölkerung sehr auswanderungsfreudig ist", über eine Wiederauflage von öffentlichkeitswirksamen Anwerbeabkommen nachgedacht werden müsse. Er zeigte Verständnis für die Balkan-Flüchtlinge: "Die Menschen, die vor allem aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen, wollen den deutschen Traum leben."

Deutschland sende aktuell jedoch das Signal aus, dass Einwanderung nur über einen Asylantrag möglich sei. "Klare Kriterien, vor allem auch um keine falschen Hoffnungen zu wecken, sind deshalb überfällig." Er forderte, endlich alle Länder des Westbalkans zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, damit endlich klar zwischen Flucht und Wirtschaftsmigration unterschieden werden könne. Auch Lambsdorff, Vize-Präsident des Europaparlaments, bekräftigte im Gespräch mit dem "Handelsblatt" diese Forderung. Die Balkanstaaten müssten darüber hinaus auch wieder visumspflichtig werden, forderte er. "Das ist ein ebenso wirksamer wie für die betroffenen Länder schmerzhafter Schritt."

Durch die Einführung von Job-Visa sowie Beratung und Qualifizierung durch deutsche Arbeitsagenturen und Wirtschaftsverbände in den Herkunftsländern solle aber eine geordnete Einwanderung vorbereitet werden, um dem teilweise "dramatischen Fachkräftemangel" zu begegnen, forderte Lambsdorff. Dürr plädierte ebenfalls für mehr Information vor Ort. "So genannte Welcome Center wären ein echter Beitrag um im Ausland über Möglichkeiten der Einwanderung nach Deutschland zu informieren", unterstrich er.

Union rennt kopflos der AfD hinterher

Lambsdorff warf der CDU vor, mit ihrer Forderung nach neuen Grenzkontrollen eine alte Position der Alternative für Deutschland (AfD) zu übernehmen. "Dass die CDU hier der AfD hinterherläuft, zeigt die Kopflosigkeit der Union in der Flüchtlingsfrage", kritisierte er. Wenn das Schengen-Abkommen zum freien Reiseverkehr in Europa ausgesetzt werde, treffe dies mehrheitlich Menschen, die aus Frankreich oder Belgien nach Deutschland reisten. "Es macht doch überhaupt keinen Sinn, Franzosen, Belgier und Holländer an der Einreise zu hindern, weil es ein Problem mit Zuwanderungsdruck aus dem Balkan gibt", betonte Lambsdorff.

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