07.11.2017FDPFDP

KUBICKI-Interview: Das ist keine Drohung

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab dem „Donaukurier“ (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Tobias Schmidt.

Frage: Herr Kubicki, stellt Ihre Partei die nationalen Klimaschutzziele eigentlich infrage oder nicht?

Kubicki: Die Ziele für 2030 und 2050 stellen wir natürlich nicht infrage. Aber bei den Klimaschutzzielen für 2020 sehen wir momentan nicht, wie wir die erreichen sollen. Sie können schließlich nicht ganze Industriezweige abschalten und Fahrverbote aussprechen, das wäre für eine Industrienation wie Deutschland unvorstellbar. Wir sind nicht gewählt worden, um Hunderttausende Arbeitsplätze abzuschaffen. Deswegen erwarten wir von denen, die unbedingt auch an den Klimazielen für 2020 festhalten wollen, dass sie uns erklären, wie das geschehen soll. Übrigens: Wir warten da nicht nur auf die Grünen, sondern auch auf die CDU.

Frage: Wo sehen Sie in diesem Bereich Möglichkeiten zur Einigung?

Kubicki: Es gibt zum Beispiel bereits einen funktionierenden Handel mit CO2-Zertifikaten. Da könnte man über eine Ausweitung nachdenken. Aber es macht keinen Sinn, deutsche Kohlekraftwerke abzuschalten, nur um dann polnischen Kohlestrom einzukaufen.

Frage: Im Verkehrssektor steigen die Emissionen seit Jahren immer stärker an. Muss die E-Mobilität nicht von der Politik erzwungen werden, damit die deutsche Automobilindustrie den Anschluss nicht vollends verpasst?

Kubicki: Diese Vorstellung ist kindisch. Entscheidend ist, dass wir die Kreativität der Ingenieure fördern. Wir sollten uns übrigens nicht nur auf die E-Mobilität konzentrieren, sondern müssen auch die Wasserstofftechnologie vorantreiben.

Frage: Von der FDP hieß es zuletzt, man habe eigentlich keine Angst vor möglichen Neuwahlen. Wollen Sie Jamaika am Ende gar nicht?

Kubicki: In Schleswig-Holstein haben wir ja bereits eine Jamaika-Koalition, aber da hatten auch alle Beteiligten einen guten Willen. Hier in Berlin haben manche Beteiligte gelegentlich moralisch überhöhte Vorstellungen. Und Neuwahlen zu verhindern, ist kein Selbstzweck. Wenn wir feststellen, dass wir uns in den Gesprächen für eine Koalition nicht einigen können, dann ist es die sauberste Lösung zu sagen: Nein, wir kommen hier nicht zusammen.

Frage: Was würde Ihrer Meinung nach bei einer Neuwahl passieren?

Kubicki: Die Freien Demokraten haben auf jeden Fall am wenigsten zu befürchten. Und das ist keine Drohung, sondern eine schlichte Feststellung. Wir sind inhaltlich und personell sehr gut aufgestellt.

Frage: Wie können Gräben in der Asylpolitik überwunden werden?

Kubicki: Die FDP hat bereits einen Mittelweg vorgeschlagen: Wenn wir auf der einen Seite ausreisepflichtige Migranten schneller abschieben, können wir auf der anderen Familiennachzug über Kontingente gewähren. Bislang gibt es zu dem Thema aber keinerlei Bewegung zwischen der Union und den Grünen. Momentan sehe ich daher nicht, wie wir da zu einer Lösung kommen sollen.

Frage: Am Donnerstag wird das Ergebnis der Steuerschätzung präsentiert. Es geht um einen Milliardenüberschuss. Das könnte Spielräume für Entlastungen schaffen. Wie viel muss es sein?

Kubicki: Entscheidend ist auch hier nicht die Zahl, sondern das, was wir in den jeweiligen Bereichen mit den Entlastungen erreichen können.

Frage: Und was heißt das konkret?

Kubicki: Für uns ist wichtig, dass junge Familien unterstützt werden. Vor allem bei der Eigentumsbildung, denn das ist die beste Vorsorge gegen Altersarmut. Und wir fordern die Abschaffung des Solidarbeitrags. Das ist immer wieder versprochen worden – jetzt müssen wir festschreiben, dass der Soli noch in dieser Legislaturperiode unumkehrbar abgeschafft wird. Über die Details lässt sich diskutieren, aber auf eine Lösung, bei der der Soli gar nicht angefasst wird, werden wir uns als Freie Demokraten nicht einlassen.

Frage: Würde der Bundesfinanzminister Wolfgang Kubicki der Steuervermeidung ein für allemal einen Riegel vorschieben?

Kubicki: Ja, soweit es geht. Wir werden das Problem angehen müssen, dass jeder kleine und mittelständische Unternehmer seine Steuern bezahlen muss, während große Konzerne ihre Steuerlast auf ein Minimum beschränken können, indem sie ihre Finanzen zwischen verschiedenen Staaten hinund herschieben.

Frage: Also wollen Sie der nächste Bundesfinanzminister werden?

Kubicki: Nein. Aber unabhängig davon legt meine berufliche Erfahrung als Steuerstrafverteidiger nahe, dass ich hier über einige Kompetenzen verfüge, um die Schlupflöcher, die bestehen, tatsächlich zu schließen.

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