27.08.2016FDPFDP

KUBICKI-Interview: Pessimisten gehen in den Keller

Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende WOLFGANG KUBICKI gab der „Kreiszeitung“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ANKE SEIDEL:

Frage: Herr Kubicki, schätzen Sie doch mal: Wieviel Prozent erringt die FDP im Landkreis Diepholz bei den Kommunalwahlen am 11. September?

KUBICKI: Ich gehe davon aus, dass sie ihr Ergebnis von vor zehn Jahren bekommt – das wird im zweistelligen Bereich liegen. Bei den Kommunalwahlen in Hessen haben wir in manchen Orten 20 Prozent erreicht und stellen in einigen Orten direkt gewählte Bürgermeister. Die FDP hat sich extrem verändert, ist aufgeschlossener und offener.

Frage: Jeder Wahlberechtigte kann wählen – aber kann er auch wählen?

KUBICKI: Das Menschenbild unserer Verfassung geht davon aus, dass Menschen eigenständig Entscheidungen treffen können. Auch wenn sie mir manchmal nicht gefallen, ich muss das akzeptieren. Es schmerzt mich auch, dass die Mehrheit der Wähler nicht die FDP wählt. Aber das hält mich auch nicht davon ab, daran zu arbeiten, dass sich das ändert.

Frage: Eine Ihrer Maximen lautet: „Wir wollen die Menschen befähigen, nicht bevormunden.“ Wie wollen Sie das realisieren?

KUBICKI: Bildung ist die Grundlage von allem. Sie befähigt Menschen, Informationen aufzunehmen, zu gewichten und ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Das ist unser Menschenbild. Wir müssen die Unterrichtsinhalte sicherlich ein bisschen verändern – und man muss bereit sein, seine eigenen Überlegungen in Frage zu stellen. Wichtig ist: Möglichst viele Menschen sollen möglichst viel Bildung erhalten. Aber obwohl das eigentlich alle politischen Kräfte wollen, fällt trotzdem immer mehr Unterricht aus. Ich will mich heutzutage nicht mehr darüber streiten müssen, ob zur Lehrmittelfreiheit Tablets für die Schüler gehören. Das ist auch eine Frage von sozialer Gerechtigkeit.

Frage: Es scheint, als hätten die Menschen – auch im Landkreis Diepholz – ganz andere Sorgen als die Wahlen: Sie sollen für den schlimmsten aller anzunehmenden Fälle einen Lebensmittel-Vorrat für zehn Tage anlegen...

KUBICKI: Ich kenne kein real existierendes Szenario, wofür das Sinn macht. Die Idee ist absurd in einer Zeit, in der Kriegsszenarien wie in der Vergangenheit keine Rolle mehr spielen. Ja, wir hatten Terroranschläge. Aber damit kann die Polizei fertig werden. Diese Vorrats-Empfehlung soll doch nur davon ablenken, dass ein Teil der Probleme, die wir hier haben, von der Bundeskanzlerin ins Werk gesetzt worden ist. Mich persönlich treibt zum Beispiel um, dass wir etwa 300 000 Menschen in Deutschland haben, von denen wir nicht wissen, wer sie sind, woher sie kommen und was sie tun – und das in einem so hoch bürokratisierten Land wie Deutschland, in dem Mieter ihren Wohnungswechsel innerhalb von 14 Tagen melden müssen.

Frage: Haben Sie schon Lebensmittel-Vorräte gebunkert?

KUBICKI: Nein. Das würde ich auch nicht tun. Da zitiere ich gern den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt: Wenn einer dieser Fälle eintritt, gehe ich zum Italiener.

Frage: Frankreich diskutiert mit Leidenschaft über das Verbot von Burkinis, den Ganzkörper-Badeanzügen für Musliminnen, das 30 Küstenkommunen bereits beschlossen haben. Könnte eine solche Welle auch auf bundesdeutsche Küsten- oder Erholungsregionen überschwappen?

KUBICKI: Das glaube ich nicht. Keiner der Terror-Anschläge wurde bisher unter Burka-Einsatz ausgeführt. Menschen sollen anziehen, was sie wollen. Aber in bestimmten Bereichen, wie im Straßenverkehr oder im Gerichtssaal, muss die Gesichtsverschleierung untersagt bleiben. Selbstverständlich müssen wir die Religionsfreiheit und andere Kulturen respektieren. Aber der Rechtsstaat muss durchgesetzt werden. Ich verstehe allerdings nicht, dass wir in Deutschland etwa 1000 Ehen mit Minderjährigen akzeptieren.

Frage: Wie lautet das Gebot der Stunde?

KUBICKI: Wir dürfen unseren Optimismus nicht verlieren. Pessimistische Menschen gehen in den Keller. In den Zivilschutzkeller.

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