FDPKieler Flüchtlingserlass

Kubicki warnt vor Vertrauensverlust in Rechtsstaat

Wolfgang KubickiWolfgang Kubicki
03.02.2016

In Kiel sorgt ein Flüchtlingserlass der Polizei und Staatsanwaltschaft für Wirbel. Danach soll bei geringfügigen Straftaten auf erkennungsdienstliche Maßnahmen bei Flüchtlingen verzichtet werden. FDP-Vize Wolfgang Kubicki fordert im Interview mit den "Kieler Nachrichten":  "Die Menschen verlieren das Vertrauen in unseren Rechtsstaat, wenn der Eindruck entsteht, dass Flüchtlingskriminalität verniedlicht, relativiert oder sogar vertuscht wird." Er appellierte an die Landesregierung, schnellstmöglich auf einen rechtsstaatlichen Kurs zurückzukehren.

Die aktuelle Vorgehensweise sei aus seiner Sicht "äußerst problematisch", denn in der Öffentlichkeit entstehe der Eindruck, dass es zwei verschiedene Rechtssysteme gebe, so FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag. Er verdeutlichte: "Es geht nicht um die Anzahl der Fälle, sondern um die Tatsache, dass der Staat darauf verzichtet hat, Täter zu ermitteln." Das Signal an die Geschädigten sei, dass von bestimmten Gruppen Straftaten hingenommen werden müssten, kritisierte Kubicki.

Für den Freidemokraten liegt auf der Hand, dass die Integration der Flüchtlinge nur funktionieren könne, wenn für alle Menschen in Deutschland "dieselben Regeln gelten und auch durchgesetzt werden".

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Frage: Herr Kubicki, wie beurteilen Sie die Kieler Bagatellregelung für Flüchtlinge?

KUBICKI: Ich halte diese Regelung für äußerst problematisch, weil in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen muss, dass es zwei verschiedene Rechtssysteme gibt. Das eine für Flüchtlinge und das andere für die einheimische Bevölkerung. Ich habe mit Anwaltskollegen darüber gesprochen. Sie schütteln nur den Kopf. Es kann nicht sein, dass man Recht unterschiedlich anwendet.

Frage: Welche Folgen hat das?

KUBICKI: Die Menschen verlieren das Vertrauen in unseren Rechtsstaat, wenn der Eindruck entsteht, dass Flüchtlingskriminalität verniedlicht, relativiert oder sogar vertuscht wird. Integration ist nur möglich, wenn für alle Menschen in Deutschland dieselben Regeln gelten und sie auch durchgesetzt werden. Ansonsten ist ein Durchmarsch der AfD nicht zu verhindern.

Frage: Was sagt der Jurist Kubicki zur Kieler Regelung?

KUBICKI: Die Regelung ist ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip. Und in den Fällen, in denen diese Regelung angewendet wurde, wäre es Strafvereitelung im Amt. Polizei und Staatsanwaltschaft sind nun mal verpflichtet, dem Verdacht einer Straftat nachzugehen. Dazu muss man Tat und Täter ermitteln. Das kann man nicht, wenn man wie in Kiel auf eine Identitätsfeststellung verzichtet. Das ist unverantwortlich und übrigens auch ein Sicherheitsproblem. Es kann nicht sein, dass sich unzählige nicht-registrierte Flüchtlinge in Deutschland aufhalten.

Frage: Laut Polizei hat es nur einige Fälle gegeben, in denen Flüchtlinge ohne Identitäts-Feststellung laufen gelassen wurden.

KUBICKI: Es geht nicht um die Anzahl der Fälle, sondern um die Tatsache, dass der Staat darauf verzichtet hat, Täter zu ermitteln. Das ist geradezu eine Einladung, solche Taten zu begehen, weil sie nicht sanktioniert werden. Und wie viele Fälle es wirklich waren, wird sich wohl nicht feststellen lassen. Man könnte es doch keinem Polizeibeamten verübeln, wenn er auf die Aufnahme einer Anzeige verzichtet, weil die Identität des Täters ohnehin nicht festgestellt wird.

Frage: Die Polizei und das Innenministerium haben sich erst spät zu der Kieler Regelung geäußert.

KUBICKI: Die Kommunikation von Innenminister Stefan Studt ist unterirdisch. Für ihn wird die Luft langsam dünn. Ich denke an die zunehmende Einbruchskriminalität. Zuerst hat er der Öffentlichkeit weisgemacht, dass es keinen Zusammenhang mit den steigenden Flüchtlingszahlen gibt, um dann mit markigen Worten zu erklären, dass eine nennenswerte Zahl von Menschen nur zu uns kommen, um Einbrüche zu begehen. Der Ministerpräsident muss aufpassen, dass sein Innenminister nicht bald als Mann dasteht, der verheimlicht und vertuscht.

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