22.09.2016FDPWirtschaft

LAMBSDORFF-Gastbeitrag: Gegen die Verunsicherung

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied und Vizepräsident des Europäischen Parlaments ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF schrieb für das „Handelsblatt“ (Donnerstag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Sigmar Gabriel hat noch einmal die Kurve gekriegt. Mit einer Reise nach Kanada und ein paar Versprechen an die Parteibasis hat er der SPD ein positives Votum zu Ceta abringen können. Doch in Wahrheit hat sich die SPD damit nur Zeit erkauft.

Auch das Verhältnis zu TTIP bleibt ungeklärt. In Frankreich mäkelt der zuständige Staatssekretär, auch er Sozialdemokrat, alle paar Wochen an TTIP herum. Gleichzeitig aber beklagen genau diese Sozialdemokraten die hohe Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen EU-Mitgliedstaaten. Es stimmt: In den Krisenstaaten stehen Millionen auf der Straße und wollen endlich wieder arbeiten. Grünen, Linken und Attac ist das egal – ob sich die Sozialdemokraten dieser zutiefst unsozialen Position anschließen, ist weiterhin offen.

Viele Sozialdemokraten sorgen sich, Marktwirtschaft und Freihandel führten zum Abbau von Standards. Tatsache aber ist: In Ländern mit marktwirtschaftlicher Ordnung sind diese regelmäßig höher als anderswo. Deutschland ist Exportweltmeister – und hat hohe Standards. Die EU hat zahlreiche Handelsabkommen abgeschlossen – und hat ebenfalls hohe Standards.

Es ist deshalb schlimm, wie Linke und Grüne mit einer Lügenkampagne gegen TTIP erst Ängste schüren und dann missbrauchen. Dass sich Organisationen wie „Mehr Demokratie“ und der Deutsche Kulturrat unter Verletzung ihrer jeweiligen Vereinszwecke vor diesen Karren spannen lassen, zeigt das Ausmaß der Hysterie.

Es geht auch anders: In Italien und Spanien gibt es eine breite Allianz aus Gewerkschaften, Unternehmen und Verbänden für die Handelsverträge. Die Fakten sprechen ohnehin eine andere Sprache. Die EU hat noch nie ein Abkommen verhandelt, in dem Nahrungsmittelstandards gesenkt wurden. Das wird sich durch Ceta oder TTIP nicht ändern. Der audiovisuelle Sektor ist vom Verhandlungsmandat ausgenommen, auch an der Buchpreisbindung wird nicht gerüttelt.

Das Recht zur Gesetzgebung bleibt auf beiden Seiten des Atlantiks unangetastet; kein Parlament würde ein Abkommen ratifizieren, das dieses Recht beschneiden würde – auch das Europäische Parlament nicht.

Fakt ist, dass die Verunsicherung echt ist und tief in die Gesellschaft reicht. Deshalb müssen die Befürworter des Freihandels dessen Vorteile deutlich machen. Die Gegner werden die Sorgen und Ängste der Menschen weiter für ihre politischen Zwecke ausnutzen. Das ist ihr Recht, aber es muss nicht widerspruchslos hingenommen werden. Wir haben die Chance, als westliche Wertegemeinschaft die Standards für die Welt von morgen zu prägen, Wachstum ohne neue Schulden zu ermöglichen und neue Perspektiven für junge Menschen in ganz Europa zu schaffen.

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