FDPBrexit-Verhandlungen

Leidtragende eines ungeordneten Brexits wären die Bürger

BrexitBeer kritisiert, dass die EU die vergangenen zwei Jahre nicht dafür genutzt hat, grundlegende Reformen einzuleiten.
27.11.2018

Beim EU-Sondergipfel in Brüssel stimmen die Staats- und Regierungschefs für den mit Großbritannien ausgehandelten Austrittsvertrag. "Wir tun gut daran, uns auf den Brexit vorzubereiten - und zwar auf beide Varianten", will FDP-Generalsekretärin Nicola Beer einen ungeordneten Brexit weiterhin nicht ausschließen. Auch für FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff ist die Gefahr eines chaotischen Brexits noch nicht gebannt: "Es ist noch völlig unklar, ob Theresa May eine Mehrheit im Parlament bekommt." Er hofft, dass die britischen Abgeordneten zur Vernunft kommen. Denn: "Ein chaotischer Brexit ist die schlechteste Alternative für Großbritannien."

Immerhin geht der Vertrag seiner Ansicht nach in die richtige Richtung, denn die EU hat die Interessen der Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Für Lambsdorff ist entscheidend, dass die Rechte der EU-Bürger gewahrt bleiben, die auf der britischen Insel leben. Insofern sei diese Scheidungsurkunde gelungen. Aber ob sie in London jetzt angenommen wird, sei völlig offen, äußerte er Zweifel daran, dass die britische Premierministerin Theresa May bei der Abstimmung über das Brexit-Abkommen eine Mehrheit erhalten wird. "Mitleid mit May wäre aber fehl am Platz, schließlich hat sie sich dieses Schlamassel durch eine willkürlich vorgezogene Neuwahlen selbst eingebrockt", mahnt Lambsdorff.

Ein geordneter Brexit ist besser kalkulierbar als ein chaotischer

Sollte das Austrittsabkommen doch noch platzen, wären die Bürgerinnen und Bürger auf beiden Seiten des Kanals die Leidtragenden: "Wir wissen nicht, wie die Rechte von Studierenden aussehen werden, wie die Fischerei in Nordsee und Atlantik geregelt werden soll und wie der Flugverkehr zwischen unseren Ländern funktionieren wird. Dann gibt es überhaupt keine Planungssicherheit." Mit Blick auf die Folgen für Deutschland bei einem geordneten Brexit bleibt der FDP-Fraktionsvize gelassen: "Wenn es vom britischen Parlament verabschiedet wird, passiert erst mal gar nichts. Denn dann geht eine Übergangsphase los, in der Großbritannien weiterhin alle EU-Regeln befolgen muss. Die dauert bis Ende 2020."

Ein geordneter Brexit sei sicher besser kalkulierbar als ein chaotischer, "bei dem wir plötzlich wieder Zölle auf unsere Produkte zahlen" müssen. Die Bundesregierung dürfe die deutschen Unternehmen nicht mit den Risiken alleine lassen. Das würde Arbeitsplätze gefährden und unsere Industrien teuer zu stehen kommen. "Deshalb muss die Bundeskanzlerin gemeinsam mit den europäischen Partnern klären, wie sie die Lieferketten der Wirtschaft stabilisieren, aufenthaltsrechtliche Fragen klären und Störungen des Flugverkehrs verhindern will", lautet eine weitere Forderung Lambsdorffs.

Am Ende gibt es nur Verlierer

Auch Beer sieht erhebliche Probleme, sollte die Trennung Großbritanniens ohne einen Vertrag ablaufen. "Das ginge vor allem zu Lasten der Bürger", so Beer. Visa müssten beantragt werden und durch schwierige Handelsbeziehungen stünden dann auch Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Beer kritisiert, dass die EU die vergangenen zwei Jahre nicht dafür genutzt habe, grundlegende Reformen einzuleiten. "Wir müssen ineffiziente Strukturen in der EU verbessern und das Geld effektiver einsetzen", plädierte die Liberale dafür, diesen Reformprozess alsbald zu beginnen. Im Zusammenhang mit dem Streit um den italienischen Haushalt appellierte Beer an die EU-Kommission, noch intensiver die Gespräche mit der italienischen Regierung zu suchen. "Es besteht sonst die Gefahr, dass da zwei Züge aufeinanderprallen - und am Ende gibt es nur Verlierer."

Social Media Button