FDP-FraktionBürgerrechte

Liberale zielen auf modernen Datenschutz

Gisela PiltzGisela Piltz
18.03.2014

Im Mai 2011 setzte das FDP-Präsidium eine AG Datenschutz unter Vorsitz von Fraktionsvize Gisela Piltz ein. Das Ziel war, Empfehlungen für einen modernen Datenschutz unter liberalen Gesichtspunkten zu erarbeiten. Mit Vertretern der Bundestagsfraktion, der Landtagsfraktionen, des Bundesjustizministeriums, der Jungen Liberalen und der akademischen Welt fasste die Gruppe ihre Arbeit in einem Ergebnispapier zusammen. Im Interview erklärte Innenpolitikerin Piltz die Kernthemen des Papiers.

Was war das wichtigste Ergebnis des Papiers, beziehungsweise: was ist die vorrangigste Empfehlung der AG zum Thema Datenschutz?

Datenschutz wird in der Informationsgesellschaft immer wichtiger. Daher hat sich die AG Datenschutz insbesondere damit befasst, wie die Menschen damit umgehen können, dass immer mehr von ihnen und über sie digital verfügbar ist. Denn die Digitalisierung bedeutet, dass Daten, die früher flüchtig waren, dauerhaft verfügbar sind und miteinander verknüpft werden können. Zentraler Punkt ist daher für eine liberale Politik, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass wir nicht auf den „gläsernen Menschen“ zusteuern. Zugleich haben wir den Datenschutz in den Gesamtkontext der Bürgerrechte, gerade im Zusammenhang mit dem Internet, gesetzt und festgestellt, dass wir einen Ausgleich brauchen, damit alle Grundrechte – also zum Beispiel die Meinungsfreiheit oder die Informationsfreiheit – bestmöglich zur Geltung kommen.

Für uns Liberale ist wichtig, dass der Staat nicht zum Datenkraken wird. Deshalb haben wir betont, dass Datenerhebung des Staates nur mit rechtsstaatlichen Grundlagen und immer streng auf einen Zweck begrenzt möglich sein dürfen. Aber Gefahren für den Datenschutz gibt es ja heute gerade auch im privaten Bereich, wenn Unternehmen Daten sammeln. Hier setzen Liberale auf die Sicherstellung der Herrschaft über die eigenen Daten. Dazu brauchen wir Transparenz und Selbstbestimmung, Auskunftsrechte und Löschungsansprüche, wenn es um die eigenen Daten geht. Aber wir brauchen vor allem den aufgeklärten und mündigen Nutzer. Wer seine Daten freigiebig im Internet zur Verfügung stellt, muss wissen, dass er damit auch einen Teil seiner Persönlichkeit öffentlich zugänglich macht. Wir wollen das nicht verbieten, denn zu unserem Verständnis der Freiheit gehört auch die Freiheit, über die eigenen Daten zu entscheiden. Aber wir wollen sicherstellen, dass jeder weiß, was er tut und sich darüber Gedanken machen kann und eben eine bewusste Entscheidung treffen muss. Damit das klappt, brauchen wir zum Beispiel datenschutzfreundliche Voreinstellungen, so dass es einer bewussten Entscheidung bedarf, Daten freizugeben.

Können Sie die konkreten Empfehlungen der AG für digitalen Nachlass zusammenfassen?

In der Informationsgesellschaft gibt es neben dem Nachlass aus Sachen, Immobilien oder Verträgen auch einen digitalen Nachlass, nämlich beispielsweise Profile im Internet. Hier sind klare Regelungen vonnöten, die klarstellen, dass auch diese Datennachlässe zum Erbe gehören und entsprechen der Erbe die Rechtsnachfolge antritt. Dabei müssen dieselben Regelungen gelten wie beim Nachlass im Übrigen. Wie auch für den Nachlass im Übrigen soll die gesetzliche Erbfolge gelten, sofern nicht anderweitige Verfügungen von Todes wegen getroffen wurden. Die gesetzliche Folge ist dann unter anderem, dass die Vorlage des Erbscheins gegenüber etwa einem Betreiber eines sozialen Netzwerks dem Erben den Anspruch gibt, über die ererbten Daten zu verfügen. Wie im Erbrecht üblich ist der Erbe dabei an etwaige rechtsverbindliche Verfügungen von Todes wegen gebunden, die der Erblasser ihm aufgegeben hat oder aber, falls solche Vorgaben nicht bestehen, als Rechtsnachfolger mit denselben Rechten ausgestattet wie der Erblasser, das heißt, der Erbe hat dann die volle Verfügungsgewalt über die hinterlassen Daten und kann auch alle Ansprüche wie etwa Löschung oder Berichtigung daraus geltend machen.

Wichtig ist für uns aber nicht nur die klare gesetzliche Regelung, sondern die Schaffung von Sensibilität für das Thema. So, wie es für die meisten selbstverständlich ist, sich Gedanken über ein Testament für ihre Güter zu machen, muss es selbstverständlich werden, die Daten in diese Überlegungen einzubeziehen und Vorsorge zu treffen, wie mit dem digitalen Erbe umgegangen werden soll.

Welche rechtlichen Verfahren schweben Ihnen vor, wenn Unternehmen die persönliche Daten ihrer Kunden unzureichend schützen?

Das Datenschutzrecht kennt heute schon empfindliche Strafen, etwa in Form von hohen Bußgeldern, bei Verstößen gegen den Datenschutz. Notwendig ist aus Sicht der Liberalen, die Rechtsdurchsetzung sicherzustellen. Dazu ist ein wichtiger Schritt, das Datenschutzrecht in der EU zu harmonisieren und eine einheitliche und verbindliche Datenschutzaufsicht sicherzustellen. Die FDP unterstützt die Überlegungen der EU, dass für Unternehmen, die auf dem europäischen Markt tätig sind, immer die Datenschutzaufsichtsbehörde am Sitz des Unternehmens oder Konzerns zuständig sein soll. Zudem fordern die Liberalen, dass für den Betroffenen der Rechtsweg unkompliziert und bürgernah ausgestaltet wird, indem für ihn sowohl die Datenschutzbehörde seines Wohnorts als auch die Gerichtsbarkeit in seinem Heimatland zuständig sein sollen.

Wie können strenge Regelungen zum Datenschutz beispielsweise mit FDP-Chef Philipp Röslers Forderung, Deutschland attraktiver für internationale, dynamische Startups oder IKT-Unternehmen zu machen, vereinbart werden?

Datenschutz ist ein positives Wettbewerbsmerkmal. Die Datenschutzskandale der Vergangenheit haben immer wieder gezeigt, dass Kundenvertrauen gerade im Internet stark von der Einhaltung des Datenschutzes abhängt. Diese Entwicklung zeigt sich weltweit. Datenschutz verstehen Liberale gerade als Motor einer dynamischen Entwicklung in der Informationsgesellschaft. Neue, innovative Datenschutztechniken, datenschutzfreundliche Anwendungen und Produkte eröffnen neue Marktchancen.

Europa ist hier weltweit Vorreiter. Die neue EU-Datenschutz-Verordnung, die im gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraum einheitlich gelten wird, bringt das deutlich zum Ausdruck. Datenschutz ist Teil der Marktwirtschaft, kein Gegenteil.

Stichwort Stiftung Datenschutz: Wie könnten Bürger sich bestens über den eigenen Datenschutz und verantwortliches Verhalten im Netz informieren?

Zu Beginn dieses Jahres hat die Stiftung Datenschutz ihre Arbeit aufgenommen. Eine der Aufgaben der Stiftung ist Aufklärung und Bildung im Bereich des Datenschutzes. Daneben hat die Stiftung die Aufgabe, ein einheitliches Datenschutzgütesiegel zu entwickeln, mit dem dann datenschutzfreundliche Produkte und Dienstleistungen zertifiziert werden können. Damit wird Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen. Die Stiftung Datenschutz, die mit Sitz in Leipzig jetzt mit Hochdruck aufgebaut wird, kann und soll nicht als Konkurrenz zu den bestehenden Angeboten verstanden werden, sondern mit diesen zusammenarbeiten und eine Plattform bieten, um vorhandene Expertise gemeinsam für einen modernen Datenschutz zu nutzen. Dazu gehören etwa Initiativen wie „Datenschutz geht zur Schule“ oder Vereine wie digitalcourage. Informationen zu datenschutzfreundlichen Angeboten bieten die Verbraucherzentralen. Und natürlich finden die Bürgerinnen und Bürger allgemeine Informationen, aber auch Hilfe im konkreten Fall bei den Datenschutzbeauftragen in Bund und Ländern. Mitmachen und eigene Ideen für Datenschutzaktionen kann man übrigens bei der Initiative der Bundesjustizministerin „Mach dich nicht nackig“ einbringen. Und natürlich bieten auch die Liberalen Informationen zum Datenschutz mit praktischen Datenschutztipps, zum Beispiel für soziale Netzwerke, auf unserer Kampagnewebsite „Freiheit bewegt“ an.

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