10.01.2018FDPFDP

LINDNER-Interview: Das Geld wird rausgeworfen

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner gab dem „Donaukurier“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Andreas Herholz.

Frage: Herr Lindner, Union und SPD wollen sich von den deutschen Klimazielen verabschieden. Da gibt es Beifall von der FDP, oder?

Lindner: Den neuen Klima-Realismus begrüße ich. Es macht doch keinen Sinn, bei uns sichere Arbeitsplätze zu gefährden, ohne dass beim Weltklima wirklich etwas erreicht wird. Die Wende der Union ist in der Sache richtig, entlarvt aber die inzwischen völlige Beliebigkeit der Positionen der Merkel-CDU. Vor einigen Wochen konnte die CDU mit den Grünen gar nicht schnell genug Kohlekraftwerke abschalten, die noch länger gebraucht worden wären. Wegen unserer Orientierung am Machbaren wurden wir dagegen in die Nähe von Donald Trump gerückt. Im Nachhinein bestätigt die Wende der Union, dass wir richtig damit lagen, unter anderem diese Jamaika-Energiepolitik zu verhindern. Der neue Realismus ist aber nur ein erster Schritt. Wir brauchen ein neues Denken in der Klimapolitik und bei der Energiewende. Der zweite wäre, das noch auf die Grünen und Herrn Trittin zurückgehende Denken in Verboten, Quoten und Subventionen zu beenden. Das hat bei uns den Strom teuer gemacht, ohne dass CO2 eingespart worden wäre.

Frage: Was muss bei der Energiewende nun konkret geschehen?

Lindner: Die Klimaziele 2030 müssen verbindlich sein. Das ist eine Überlebensfrage der Menschheit. Den Weg dahin müssen aber Ideenwettbewerb und Technologie bestreiten. Ich bin dafür, dass wir CO2 einen Preis geben, damit die wirtschaftlich effektivsten Formen der Vermeidung genutzt werden. Und zwar europaweit und in allen Sektoren des Lebens. Außerdem sollten wir mit unseren finanziellen Möglichkeiten und unserer Technologie anderen auf der Welt stärker dabei helfen, ambitioniertere Ziele zu erreichen. Dort lassen sich mit den gleichen Investitionen viel größere Effekte erzielen. Klimawandel ist ein globales Problem. Also müssen wir den ideologischen Klima-Nationalismus beenden.

Frage: Anderes Thema: Kommt die neue große Koalition die Steuerzahler am Ende teuer zu stehen?

Lindner: Bei den Sondierungen sollen alle Probleme und alle Widersprüche mit Steuergeld zugeschüttet werden. Das ging mir schon bei den Jamaika- Verhandlungen auf die Nerven. Das ist die Methode Merkel: Das Geld wird rausgeworfen. Der eine bekommt die Mütterrente, der andere die Solidarrente. Jede Partei wird eingekauft. Es wird nicht klar entschieden, sondern jeder bekommt eine politische Trophäe, die dann mit Steuergeldern bezahlt wird. Wir könnten die Bürgerinnen und Bürger längst steuerlich entlastet haben. Das dafür notwendige Geld wird durch die Methode Merkel nur woanders ausgegeben.

Frage: Während CDU, CSU und SPD noch über die Aussetzung des Familiennachzuges von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz ringen, schafft das Auswärtige Amt bereits Fakten und bereitet die Erteilung von Visa vor. Passt das zusammen?

Lindner: Das passt gar nicht zusammen. Offenbar gibt es hier keine gemeinsame Position zwischen Union und SPD, und der geschäftsführende Außenminister stellt schon einmal die Weichen für den Familiennachzug. Wir brauchen jetzt schnell eine Lösung. Wir behalten uns vor, unseren Gesetzentwurf zur weiteren Aussetzung des Familiennachzuges in den Bundestag einzubringen. Es wäre wünschenswert, wenn die Union und Teile der SPD unserer Initiative zustimmen würden. Glasklar ist doch: Solange wir Menschen ohne Bleiberecht nicht schneller in ihre Heimat zurückschicken, können wir nicht weitere, viele Tausend Menschen zu uns kommen lassen. Der Familiennachzug muss weiter ausgesetzt bleiben. Für wenige humanitäre Härtefälle kann es Ausnahmen geben.

Frage: Ohne die Stimmen der AfD hätten Sie dafür im Bundestag womöglich keine Mehrheit . . .

Lindner: Wir suchen keine Zusammenarbeit mit der AfD. Diese Partei sollte kein Machtfaktor werden.

Frage: Auch in Ihrer Partei gibt es Forderungen nach dem Ende der Aussetzung des Familiennachzuges – etwa von der früheren Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Lindner: Frau Schnarrenberger ist eine verdiente und geschätzte Parteifreundin. Zuletzt hat aber zum Beispiel der Landesparteitag in Baden-Württemberg mit 90 Prozent beschlossen, den Familiennachzug auszusetzen, allerdings humanitäre Einzelfälle besser zu regeln als bisher. Einwanderung, Asyl und humanitärer Schutz auf Zeit müssen bei uns einfach besser und klarer getrennt werden.
 

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