16.01.2011FDPBildungspolitik

LINDNER-Interview für "Sonntag aktuell"

Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER gab "Sonntag aktuell" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte NORBERT WALLET:

Frage: Herr Lindner, in Baden-Württemberg spekuliert Ministerpräsident Mappus (CDU) schon über einen möglichen Koalitionspartner SPD. Sind Sie sauer?

LINDNER: Nein. Die Bürger sollten aber wissen, wen Herr Mappus mit der SPD als Reserve ausgeguckt hat. Zum Beispiel will die SPD den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent anheben. Damit trifft man aber nicht nur die Champagner-Etage der Gesellschaft, sondern auch viele erfahrenen Facharbeiter. Der Spitzensteuersatz ist ja längst der Mittelstandssteuersatz, weil man ihn schon mit dem 1,4fachen des Durchschnittseinkommens zahlt. Wenn Baden-Württemberg also weiter von einer Politik für die Mitte profitieren soll, gibt es zur FDP keine Alternative. In anderen Konstellationen ist die Union anfällig: für Gleichmacherei - mit den Grünen, für Überforderung des Staates - in einer großen Koalition, oder für Verfilzungen - in Alleinregierungen. Das sieht man nirgends so gut wie in Bayern, Stichwort Landesbank.

Frage: Haben wir Sie beim Dreikönigstreffen in Stuttgart richtig verstanden: keine neuen Staatsleistungen ohne Konsolidierung?

LINDNER: Ganz genau. Die Bürger können gar nicht so schnell erwirtschaften, wie die Politik neue Ausgaben erfindet. Dieses Prinzip müssen wir durchbrechen. Also muss gelten: Neue Staatsaufgaben und -ausgaben nur nach vorherigen Sparerfolgen.

Frage: Erzählen Sie das mal der CSU, die noch in dieser Legislaturperiode ein Betreuungsgeld für Eltern einführen will, die ihr Kind nicht in die Kita schicken.

LINDNER: Ich will die CSU nicht provozieren, aber dieses Vorhaben wird finanziell nicht realisierbar sein. Die FDP lehnt das Instrument auch in der Sache ab. Fachleute warnen davor, weil beispielsweise für Zuwandererfamilien ein finanzieller Anreiz bestehen könnte, ihren Kindern die Förderung in einer KiTa vorzuenthalten. Die Milliarden kann man sparen oder für bessere Bildungsangebote einsetzen.

Frage: Thema Steuervereinfachung: Fühlen Sie sich von Wolfgang Schäuble ausgetrickst?

LINDNER: Wir haben uns im Beisein von Herrn Schäuble im Koalitionsausschuss ganz klar verständigt und wir erwarten, dass alles technisch Umsetzbare schon zum 1.1.2011 wirksam wird. Mit den vereinbarten Steuervereinfachungen darf außerdem nicht Schluss sein. Die Koalition sollte in jedem Jahr ein Steuervereinfachungspaket verabschieden, damit wir bis 2013 schrittweise ein einfacheres und gerechteres Steuersystem schaffen. Im nächsten Paket für 2012 muss etwa eine Unternehmenssteuer-Reform enthalten sein.

Frage: Kommt denn die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrag noch für dieses Jahr?

LINDNER: Wir hatten einen Kompromiss: Die FDP stimmt der von der Union vorgeschlagenen Erhöhung der Tabaksteuer zu. Dafür bekommen wir eine Steuervereinfachung, die für die Bürger spürbar ist. Zweiter Teil der Absprache war der Verzicht auf die steuerliche Belastung energieintensiver Unternehmen. Diese Vereinbarung muss umgesetzt werden - in allen Teilen.

Frage: Die Union will den Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche. Macht die FDP da mit?

LINDNER: Wir wollen die Flexibilität der Zeitarbeit erhalten. Aber natürlich sehen wir durch die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Europa Handlungsbedarf. Es wird also eine pragmatische Annäherung von Union und FDP geben.

Frage: Die Union verzichtet auf die Nennung eines klaren Termins für Steuersenkungen. Sind Sie einverstanden?

LINDNER: Wir können in der Tat nicht jeden Tag neue Termine in die Welt setzen. Das macht die Leute doch verrückt. Entscheidend ist, dass wir zum Ende der Wahlperiode ein gemeinsames Konzept ins Gesetzblatt schreiben. Unsere Prioritäten sind klar: Erst den Staat wieder handlungsfähig machen, schneller raus aus den Schulden - nur so können wir uns Senkungsspielräume erarbeiten. Bei der aktuellen Wirtschaftslage mit in Baden-Württemberg bis zu fünf Prozent Wachstum ist eine Nettoentlastung konjunkturell auch nicht vordringlich. Zu einem späteren Zeitpunkt kann eine Entlastung dagegen ein wichtiger neuer Wachstumsimpuls sein.

Frage: SPD und Grüne wollen mit Steuererhöhungen mehr Mittel für Kinder und Bildung gewinnen.

LINDNER: Vorsicht Falle! Sogar erfahrene Facharbeiter wären davon teilweise betroffen. Das ist ein rhetorischer Trick zum Abkassieren. Für Bildung macht die FDP-CDU-Bundesregierung auch ohne Steuererhöhungen mehr als Rot-Grün zuvor.

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