25.10.2018FDPFDP

ROCK-Interview: Bildung ist das A und O

Der FDP-Spitzenkandidat zur Landtagswahl in Hessen, René Rock, gab der „Frankfurter Neuen Presse“ (Donnerstag- Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Angelika Dürbaum und Peter Schulte-Holtey.

Frage: Herr Rock welche Überschrift würden Sie für einen Zeitungsbericht über die vergangene Legislaturperiode von Schwarz-Grün setzen?

Rock: Schwarz-Grün hat Hessen fünf Jahre nur verwaltet! In der Präambel des Koalitionsvertrages ist zehn bis zwölf Mal von Erhalten und Bewahren die Rede. Das haben sie konsequent gemacht.

Frage: Ein paar konkrete Beispiele bitte.

Rock: Im Bereich der Infrastruktur ist nur abgearbeitet worden, was die vorherige Regierung, an der ja bekanntlich die FDP beteiligt war, auf den Weg gebracht hat. Bei der Bildung ist nichts vorangegangen, bei den Universitäten hat Hessen derzeit bundesweit die zweitschlechteste Professoren-Studierenden-Relation und kein einziges Exzellenzcluster mehr.

Frage: Das Thema Bildung ist den Umfragen zufolge inzwischen das wichtigste für die hessischen Wähler – noch vor der Wohnungsbaupolitik.

Rock: Das war es für mich schon immer, Bildung ist schließlich das A und O. Wir haben zwar die Stellen im Lehrerplan, auch das Geld ist da. Aber was ist in den vergangenen fünf Jahren in dem Bereich passiert? Beim so wichtigen Förderunterricht wird immer als erstes gestrichen, wenn Lehrer fehlen. Stattdessen werden etwa in Brennpunktschulen in Offenbach oder Hanau Sozialarbeiter geschickt.

Frage: Das ist ja eine alte Forderung der Gewerkschaften.

Rock: Gut und schön, aber was wir brauchen ist eine kontinuierliche Förderung. Und die muss schon in den Kitas mit der frühkindlichen Bildung beginnen. Dann kommen die Kinder besser vorbereitet mit entsprechenden Kompetenzen in die Schulen.

Frage: CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier rühmt bei jeder Gelegenheit die 105-Prozent-Quote bei der Lehrerversorgung. Was halten Sie dem entgegen?

Rock: Wie sie wissen, stammt dieser Schlüssel noch aus der Zeit der CDU-FDP-Regierung. Wir haben damals gesagt, 100 Prozent müssen sein, die fünf Prozent sind zusätzlich und schaffen Spielräume. Und was ist daraus geworden? Die fünf Prozent werden nur zum Löcher stopfen genutzt, und das oft noch nicht mal mit pädagogisch ausgebildetem Personal. Der Schlüssel ist geblieben, obwohl viele Aufgaben für die Schulen dazugekommen sind: mehr Verwaltungsaufgaben, Inklusion, Flüchtlingskinder oder auch der Pakt für den Nachmittag. Keine Frage: die Schulen sind am Limit.

Frage: Gesetzt den Fall, Sie würden Kultusminister werden. Welche drei Projekte würden sie als erstes umsetzen?

Rock: Als erstes würde ich die Lehrer angemessen bezahlen und mehr Wertschätzung für ihren verantwortungsvollen Beruf zeigen. Dann würde ich die Lehrer versuchen zurückzuholen, die beispielsweise wegen der Nullrunden in andere Bundesländer abgewandert sind. Und ich würden den Schulen wieder ihre Selbstständigkeit zurückgegeben. Mit dem Durchregieren des Kultusministeriums bis in die Klassenzimmer muss Schluss ein. Und natürlich muss die Digitalisierung der Schulen dringend vorangetrieben werden.

Frage: Einer Ihrer Schwerpunkte ist die frühkindliche Bildung. Was wollen Sie hier besser machen als Schwarz-Grün?

Rock: Das ist der wichtigste Bereich überhaupt, hier wird die Zukunft geprägt. Heute gehen 97 Prozent der Kinder in eine Kita, zwei Drittel davon mehr als sieben Stunden, ein Drittel sogar mehr als neun Stunden. Doch die meisten Kitas stammen noch aus den 70er Jahren. Hier muss Geld in die Hand genommen werden. Und das Geld ist da.

Frage: Wie meinen Sie das?

Rock: 85 Prozent der Kita-Leistungen tragen die Kommunen, 15 Prozent kommen von Land und Bund. Doch ist der Bund gigantischer Profiteur durch die von den Kitas ermöglichte Vereinbarkeit von Beruf und Familie. 85 Prozent der zusätzlichen Einnahmen durch die Einkommenssteuer bleiben beim Bund. Das muss schnellstens geändert werden.

Frage: Erzieher und Lehrer fehlen allerorten, sind aber bei einer Verbesserung des Erziehungs- und Bildungsbereichs unverzichtbar. Woher wollen Sie das Geld und Personal für Ihre Reformen nehmen?

Rock: Heute bekommen Erzieher in ihrer fünfjährigen Ausbildung kein Geld. Das wollen wir ändern, ab dem 1. Tag soll es eine Bezahlung geben. Bei normalen Ausbildungsstandards macht das für Hessen etwa 40 Millionen Euro aus. Zudem müssen die Bedingungen für Erzieher und Seiteneinsteiger verbessert werden. Dies alles wäre eine lohnende Aufgabe für einen Minister für frühkindliche Bildung. In Hessen wird das zurzeit irgendwo im Sozialministerium so nebenbei mitgemacht.

Frage: Ein weiteres Thema, das den Wählern auf den Nägeln brennt: die Wohnungsbaupolitik. Welche Maßnahmen sind Ihnen in diesem Bereich die wichtigsten?

Rock: Wir müssen mehr Flächen zur Verfügung stellen. Wenn sie zwei Wohnungen haben, drei Leute brauchen aber eine, dann kommen sie mit Umverteilung nicht weiter. Dann muss ein Neubau her. Bei den Baukosten brauchen wir eine Entlastung bei den Nebenkosten, also runter mit der Grunderwerbssteuer. Und natürlich muss die hessische Bauordnung entrümpelt werden. Fahrradgaragen müssen nicht zwingend vorgeschrieben werden.

Frage: Woher wollen Sie im Rhein-Main-Gebiet die Flächen nehmen?

Rock: In vielen Regionen sind Flächen ausgewiesen. Aber für viele Kommunen ist Zuzug nicht attraktiv, da sie Kitaplätze, Schulen etc. vorhalten müssen. Schuld ist der kommunale Finanzausgleich. Wir verlangen, dass der sich in Zukunft an der Kinderzahl orientiert. Kommunen müssen also mit dem Zuzug Geld verdienen und nicht wie heute arm dabei werden.

Frage: Mehr Menschen, mehr Verkehr. Was halten Sie von den Radschnellwegen, die jetzt in der Region gebaut werden?

Rock: Ganz ehrlich: Das kann man machen, rettet uns aber nicht aus der Verkehrsmisere. Was wir brauchen sind vernetzte Verkehre, wie sie viele andere Metropolregionen schon haben.

Frage: Was heißt das konkret?

Rock: Wir brauchen in Frankfurt einen weiteren S-Bahntunnel, der Schienenring um die Stadt muss geschlossen werden und weitere Schienenprojekte müssen schnellstens angegangen werden, weil die Realisierung ja heute Jahre dauert. Wir müssen dringend in die Qualität des Öffentlichen Nahverkehrs investieren. Das heißt: gut ausgestattete Bahnen mit genügend Sitzplätzen, Wlan und Klimaanlagen und die Bahnen müssen natürlich pünktlich sein. Die A3 sollte schnell ausgebaut werden. Ich als Seligenstädter stehe auf meinem Weg zur Arbeit nach Wiesbaden jeden Tag am Offenbacher Kreuz im Stau. Dadurch verliere ich umgerechnet 45 Arbeitstage im Jahr.

Frage: Sie wollen tatsächlich einen weiteren S-Bahntunnel bauen. Wir hören die Proteste jetzt schon...

Rock: Vielleicht braucht die Politik hier wieder mehr Verantwortung. Der Landtag sollte über solche großen Projekte entscheiden und dann muss diese Entscheidung von allen akzeptiert werden, so oder so. Die demokratische Auseinandersetzung um Sachthemen würde übrigens auch Wahlen und Parlamente wieder aufwerten und letztlich die Demokratie stärken.

Frage: Was wollen Sie gegen den Fluglärm unternehmen?

Rock: Die bestehenden Regelungen für das Nachtflugverbot werden wir nicht antasten. Mit uns wird es keine Aufweichung geben, aber wir werden das Flugverbot auch nicht ausdehnen. Wir wollen die Jets beispielsweise durch technische Nachrüstungen leiser machen. Ich denke, die Region hat sich an die Situation gewöhnt und weiß, dass es nach dem Ausbau des Flughafens kein Zurück mehr gibt.

Frage: Die letzten Umfragen sehen ihre Partei klar im Landtag, CDU und SPD rutschen immer weiter ab, während die Grünen mit Tarek Al-Wazir zum Höhenflug angesetzt haben.

Rock: Unser Ziel ist ganz klar eine Regierungsbeteiligung. Wir kämpfen für ein bürgerliches Bündnis. Wenn es nicht anders geht, dann eben mit einer grünen Beimischung. Aber kein FDPler will einen grünen Regierungschef und ich würde Al-Wazir auch nicht zum Ministerpräsidenten wählen. Ich kenne ihn schon lange, habe viel mit ihm über Sachthemen gestritten, aber heute ist er aalglatt.

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