16.09.2019FDPFDP

SOLMS-Gastbeitrag: Was beim Soli zu tun ist

Das FDP-Präsidiumsmitglied Dr. Hermann Otto Solms schrieb für die „Gießener Allgemeine“ (Samstag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Beim Soli wird es langsam einsam um die große Koalition. Rund zwei Drittel der Deutschen wollen, dass der Soli mit dem Solidarpakt Ost zum 31. 12. 2019 ausläuft. Für die Freien Demokraten ist das selbstverständlich, denn: Der Soli ist eine Ergänzungsabgabe, die nur erhoben werden darf, um eine besondere finanzielle Herausforderung für den Bundeshaushalt bewältigen zu können. Die Finanzierung der deutschen Einheit war unzweifelhaft eine solche Herausforderung. In Anbetracht voller Kassen, gibt es diese aber nicht mehr.

Über diese Ausgangslage war sich Anfang der 90er Jahre auch die schwarz-gelbe Koalition einig, als der Solidarpakt I und der Soli beschlossen wurden. Als damaliger Vorsitzender der FDP-Fraktion kann ich mich noch gut an die Gespräche erinnern. So sagte etwa Bundeskanzler Helmut Kohl, die Koalition wolle den Solidaritätszuschlag „baldmöglichst“ abbauen. Der frühere Finanzminister Theo Waigel ging sogar noch darüber hinaus und versprach: „Sollten die Steuereinnahmen aufgrund der konjunkturellen Entwicklung besser sein als bisher erwartet, dann werden wir dies an den Bürger zurückgeben.“

Auch als später von der Regierung Gerhard Schröder der bis 2019 geltende Solidarpakt Ost beschlossen wurde, haben SPD und Grüne ein Auslaufen des Soli niemals infrage gestellt. Von den damaligen Versprechen ist heute keine Rede mehr. Die Regierungsparteien haben sich lediglich auf eine Teilabschaffung ab 2021 verständigt. So soll das gebrochene Versprechen als Entlastung verkauft werden. Natürlich erst im Jahr der Wahl.
Ein kaltschnäuziges Vorgehen. Darüber hinaus Verfassungsbruch mit Ansage. Diese Gefahr sieht unter anderem auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Warum ist das so?

Politisch bedingt der Solidarpakt Ost den Soli. Er definiert die besondere finanzielle Herausforderung für den Bundeshaushalt. Mit Ablauf des Solidarpaktes zum 31. 12. 2019 entfallen diese Bedingung und folglich auch die gesetzliche Grundlage für die Erhebung des Solidaritätszuschlages. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, ist einer von vielen Staatsrechtlern, die das bestätigen. Leider verhallen diese Mahnungen ungehört.

Die große Koalition ist stattdessen der Auffassung, dass man den Solidaritätszuschlag für höhere Einkommen und Unternehmen weiterhin erheben sollte. Nun möchte man sagen: Das trifft doch niemanden, der es sich nicht leisten könnte. So einfach ist das aber nicht. Eine willkürliche Einkommensgrenze zu ziehen, verstößt vermutlich gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Wirtschaftspolitisch ist es zudem fahrlässig, den Soli für Unternehmen beizubehalten. Denn vor allem die mittelständische Wirtschaft wird durch ihn belastet. Auf deren Investitionen ist unser Land bei der sich abzeichnenden nachlassenden Konjunktur besonders angewiesen.

Ein weiteres verfassungsrechtliches Problem: Verliert der Solidaritätszuschlag mit dem Ende des Solidarpaktes Ost seinen Charakter als Ergänzungsabgabe, wird er faktisch zu einer Einkommensteuererhöhung. Anders als bei einer Ergänzungsabgabe, darf der Bundestag bei Steuern aber nicht allein entscheiden. Er bräuchte die Zustimmung des Bundesrates. Diese würde er derzeit wohl nicht bekommen. So versucht die Regierung über den Erhalt einer Ergänzungsabgabe die Mitwirkungsrechte des Bundesrates auszuhebeln. Das freut Olaf Scholz, denn Einnahmen aus dem Soli müssen nicht mit den Ländern geteilt werden.

Das eigentlich Tragische ist, dass mit dieser Trickserei der Koalitionsfriede gewahrt werden soll. Die SPD will Steuererhöhungen, die Union hat diese ausgeschlossen. Also bedient man sich des Solis. Union und SPD erweisen der Demokratie einen Bärendienst, wenn sie früher gegebene Versprechen brechen und das Vertrauen der Bürger in die Politik so unterlaufen. Die vollständige Abschaffung des Soli ist alternativlos. Sie ist verfassungsrechtlich geboten. Aber vor allem muss ein gegebenes Versprechen auch gehalten werden.

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