21.11.2017FDP

STRACK-ZIMMERMANN-Interview: Verhandlungsführung hat Merkel geschwächt

 

Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann gab der „Huffington Post“ (aktualisiert heute) das folgende Interview. Die Fragen stellte Jürgen Klöckner.

Frage: Frau Strack-Zimmermann, freuen Sie sich, dass die Jamaika-Sondierungen vorbei sind?

Strack-Zimmermann: Freuen ist die falsche Antwort. Ich bin erleichtert, dass wir einen Schnitt gemacht haben. Das waren vier Intensivstwochen. Wenn man dann merkt, es funktioniert nicht, ist es besser, dem Schrecken ein Ende zu setzen.

Frage: Grünen-Verhandler Jürgen Trittin hat der FDP vorgeworfen, dass der Ausstieg kalkuliert war. Was entgegnen Sie? 

Strack-Zimmermann: Wir haben alles versucht, Jamaika zu ermöglichen. Am Ende hat es nicht gereicht. Und im Übrigen geht es mir am Gesäß vorbei, was Herr Trittin sagt. Seine ständigen persönlichen Angriffe in Interviews waren nicht nur unanständig, sie haben Jamaika extrem beschädigt.

Frage: Woran lag’s am Ende? 

Strack-Zimmermann: Das ganze Paket stimmte nicht. Ob beim Soli, dem Kooperationsverbot oder dem Kohleausstieg - bei all diesen Themen haben sich Union und Grüne auf Kompromisse geeinigt, die wir nicht mitgehen konnten. Oder sie haben direkt abgelehnt.

Frage: Und bei der Flüchtlingspolitik? Hier soll die FDP versucht haben, die CSU rechts zu überholen. 

Strack-Zimmermann: Das ist Quatsch. Wir wollen ein geordnetes Einwanderungsgesetz und haben vorgeschlagen, den Familiennachzug von Flüchtlingen nur nach Einzelfallprüfung zuzulassen. Dieser Vorschlag ist nicht rechts von der CSU, die niemanden reinlassen will. Er ist schlichtweg vernünftig.

Frage: Trotzdem geistert der Vorwurf herum, die FDP sei eine nationalliberale Partei. 

Strack-Zimmermann: Auch das ist Quatsch. Wir sind die Partei, die für Digitales und Innovation steht. Und dafür haben uns elf Prozent der Wähler ihre Stimme gegeben.

Frage: Bundespräsident Steinmeier hat in einer Rede vor Neuwahlen gewarnt, die FDP hingegen hat “keine Angst davor”, wie Partei-Vize Kubicki sagte. Wer hat Recht? 

Strack-Zimmermann: Neuwahlen an sich sind ein Instrument, dass es zweimal in Deutschland gegeben hat. Das ist kein Teufelszeug. Aber als Kreisvorsitzende der Düsseldorfer FDP und Partei-Vize weiß ich auch, dass die Lust auf Wahlkampf sehr überschaubar ist.

Frage: Was ist die Alternative?

Strack-Zimmermann: Das liegt momentan nicht in unserer Hand, sondern es ist Aufgabe von Frau Merkel und der CDU/CSU als stärkste Fraktion, diese Frage zu beantworten. Wir sind für konstruktive Lösungen offen, scheuen im Fall der Fälle aber auch keine Neuwahlen.

Frage: Was halten Sie von Schwarz-Gelb? 

Strack-Zimmermann: Eine solche Konstellation können wir uns nicht vorstellen. Wenn die Kanzlerin eine Minderheitsregierung anstrebt, dann wird sie es mit den Grünen machen. Die sind geschmeidiger. Es gibt einfach noch viel zu viele Differenzen mit der Union. Wir standen auch nicht kurz vor einer Einigung bei Jamaika. Das ist dummes Zeug. Es waren am Schluss noch über 230 Punkte offen.

Frage: Sehen Sie die Kanzlerin nach dem Jamaika-Scheitern geschwächt? 

Strack-Zimmermann: Frau Merkel ging schon geschwächt in diese Verhandlungen. Das Wahlergebnis der CDU hat ihre Autorität beschädigt. Und nun hat sie durch ungeordnete Verhandlungsführung auch dafür gesorgt, dass Jamaika nicht gelingt. Ja, sie ist noch weiter geschwächt als vor den Sondierungen ohnehin schon.

 

 

 

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