FDPMedien und Werbung

Verhüllungskünstler Maas soll Verbotswahn unterlassen

Nicola BeerNicola Beer lehnt den geplanten Eingriff des Justizministers in die Werbung ab
15.04.2016

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will sexualisierte Werbung gesetzlich verbieten. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer hält nichts vom Vorstoß. Sie setzt auf den mündigen Verbraucher und ruft dazu auf, geschmacklose Reklame einfach mit Nichtkauf zu quittieren. Besonders problematisch ist für sie die von Maas vermutete Verbindung zwischen solchen Werbemotiven und den Missbrauchsfällen in der Silvesternacht in Köln. "Die Reaktion auf diese Vorfälle kann doch nicht sein, dass man für weniger nackte Haut in der Werbung sorgt. Wir müssen unsere freiheitliche Lebensweise verteidigen", stellte die FDP-Politikerin im Interview mit der "Rhein-Main-Zeitung" klar.

"Sexismus werden wir letztendlich nicht über Werbeverbote beikommen, sondern nur über eine breite gesellschaftliche Debatte", so Beer weiter. Werbetreibenden müsse klargemacht werden, dass offenkundig sexistische Kampagnen vom mündigen Bürger abgelehnt würden. Klar sei aber auch: Bekleidete Models könnten beispielsweise Damenunterwäsche kaum vermitteln. "Wollen wir wirklich Gerichte mit der Frage beschäftigen, was schon sexistisch und was noch sexy ist? Die Gesellschaft insgesamt muss definieren, was sie noch toleriert und goutiert."

Ärgerlich sei es, wenn Frauen als dumm oder unterwürfig präsentiert würden, betonte Beer. Dies habe aber nicht unbedingt etwas mit dem Ausmaß ihrer Bekleidung zu tun. Über solche Fragen sollten aus ihrer Sicht nicht die Gerichte entscheiden, sondern vielmehr der Deutsche Werberat. "Ich setze auf den mündigen Bürger. Der muss sich weder von Herrn Maas noch von irgendeiner Religion vorschreiben lassen, wie verhüllt oder unverhüllt Reklame stattfinden darf", machte sie deutlich.

Lesen Sie hier das gesamte Interview.

Sie sind vergangenes Jahr in der Zeitschrift "Gala" mit zwei anderen FDP-Politikerinnen als "Drei Engel für Charlie" in Szene gesetzt auf Stimmenfang gegangen. Hatten Sie kein schlechtes Gewissen, sich auf Ihr Aussehen reduzieren zu lassen?

Genau das haben wir ja eben nicht gemacht. Wir haben mit einer Zeitschrift, in der Politik sonst eher nicht stattfindet, ein ausführliches Interview geführt und dabei liberale Inhalte transportiert. Dazu wurden dann die durchaus ansehnlichen Fotos gestellt.

Aber war die Botschaft nicht doch latent frauenfeindlich: Wählt uns, wir sehen immerhin gut aus?

Nein. Die Botschaft war: Wählt uns, denn wir machen Politik für mündige Bürger.

Attraktivität schadet also nicht, auch nicht in der Politik?

Attraktivität schadet nirgendwo. Aber sie sollte nicht ausschlaggebend sein. Es geht nicht um Äußerlichkeiten, sondern um Inhalte, und die haben wir präsentieren können. Interessanterweise haben uns Frauen vor allem auf das Interview angesprochen, Männer eher auf die Fotos.

Die drei FDP-Engel waren wohl auch aus Sicht von Bundesjustizminister Heiko Maas nicht zu beanstanden. Gesetzlich verbieten möchte der Sozialdemokrat aber "sexistische", frauenverachtende Reklame. Haben Sie dafür Verständnis?

Ich habe insbesondere kein Verständnis für die Begründung des Vorstoßes. Herr Maas stellt eine Verbindung zwischen sexistischer Werbung und den Missbrauchsfällen in der Silvesternacht in Köln her. Die Reaktion auf diese Vorfälle kann aber doch nicht sein, dass man für weniger nackte Haut in der Werbung sorgt. Wir müssen unsere freiheitliche Lebensweise verteidigen, und Sexismus werden wir letztendlich nicht über Werbeverbote beikommen, sondern nur über eine breite gesellschaftliche Debatte. Werbetreibenden muss klargemacht werden, dass offenkundig sexistische Kampagnen beim mündigen Bürger nicht ankommen. Klar ist aber auch: Damenunterwäsche kann man kaum mit bekleideten Models an den Mann bringen.

Stört es Sie nicht, wenn Frauen als naiv, schwach oder unterwürfig dargestellt und leichtbekleidet zu Objekten degradiert werden?

Natürlich ärgert es mich, wenn Frauen als dumm oder unterwürfig präsentiert werden. Aber das hat nicht unbedingt etwas mit dem Ausmaß ihrer Bekleidung zu tun. Wollen wir wirklich Gerichte mit der Frage beschäftigen, was schon sexistisch und was noch sexy ist? Die Gesellschaft insgesamt muss definieren, was sie noch toleriert und goutiert.

Angela Dorn, Grünen-Geschäftsführerin im Landtag, empört sich beispielsweise über eine Wodkawerbung mit einer halbnackten, am Boden liegenden Frau, über der breitbeinig ein Mann steht.

Das ist sicherlich sexistisch, und die angemessene Reaktion darauf wäre es, diesen Wodka nicht zu kaufen. Das ist ein Fall für den Deutschen Werberat, aber nicht für die Gerichte. Ich setze auf den mündigen Bürger. Der muss sich weder von Herrn Maas noch von irgendeiner Religion vorschreiben lassen, wie verhüllt oder unverhüllt Reklame stattfinden darf.

Was sagt uns sexistische, frauenfeindliche Werbung über den evolutionären Entwicklungsstand des Mannes, für den sie ja schließlich gemacht wird?

Meine Mutter hat immer augenzwinkernd gesagt: "Mädchen, es ist gut, dass du was im Kopf hast, aber zieh dich nett an. Die Jungs können besser gucken als denken." Da steckt ein Körnchen Wahrheit drin. Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass Männer auch bereit sind, sich weiterzuentwickeln.

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