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EU muss die großen strategischen Fragen angehen

Alexander Graf LambsdorffAlexander Graf Lambsdorff analysiert die Auswirkungen des Brexit
23.08.2016

In der neuen Ausgabe des Debattenmagazins "liberal" setzt sich Alexander Graf Lambsdorff mit den nächsten Schritten im Brexit-Verfahren auseinander und legt dar, wie sich die EU weiterentwickeln soll. Die EU müsse endlich beweisen, dass sie das leisten könne, wofür sie existiere, unterstreich der Vizepräsident des EU-Parlaments im Interview. Zum Beispiel beim Thema Sicherheit: "Die nationalen Regierungen ergehen sich in schön klingenden Verkündungen, aber echte Fortschritte bei einer gemeinsamen Einwanderungs- und Asylpolitik, dem Antiterrorkampf oder der europäischen Grenzsicherung gibt es nicht."

Auch die gemeinsame Handelspolitik müsse ambitionierter vorangetrieben werden, fordert Lambsdorff. "Tatsächlich scheitert die EU gerade an großen strategischen Fragen – aber genau dafür gibt es die Union. Und nicht, um Duschköpfe oder Glühbirnen zu vereinheitlichen", konstatiert der Freidemokrat.

Folgen des Brexit sind eine Lehre für EU-Kritiker

Mit Blick auf die träge Umsetzung des Brexit-Votums stellt Lambsdorff klar, dass der Austritt noch vor der nächsten Europawahl 2019 vollzogen sein müsste. "Es ist nicht vorstellbar, dass das Vereinigte Königreich nach dem Brexit-Referendum noch eine Europawahl durchführt", betont er. In diesem Zeitrahmen müssten also alle Fragen zu den Geschäftsmöglichkeiten britischer Banken auf dem Kontinent, Zollsätzen für britische Produkte und dem allgemeinen Zugang zum Binnenmarkt geklärt werden.

Allerdings sind die Möglichkeiten für das Vereinigte Königreich aus Sicht des Freidemokraten nicht besonders attraktiv. "Wenn die Briten das norwegische Modell wollen, bitte schön. Dann befolgen sie demnächst die Binnenmarktgesetzgebung, ohne sie beeinflussen zu können, und müssen dafür noch in den EU-Haushalt einzahlen", erklärt Lambsdorff. Vor allem würde die Freizügigkeit der Arbeitnehmerzuwanderung weiterhin gelten.

Das Modell Schweiz, bestehend aus über 100 bilateralen Verträgen, wolle in Brüssel niemand mehr, verdeutlicht der FDP-Politiker. "Am wahrscheinlichsten ist daher das kanadische Modell, angelehnt an das CETA-Abkommen. CETA gewährt allerdings keinen vollen Marktzugang bei Finanzdienstleistungen, die für die Briten ein Hauptinteresse sind", erläutert er. "All jenen, die auch in Deutschland immer so leichtfertig an der EU herummeckern, sollte das eine Lehre sein: Das Fehlen des Binnenmarktes wird für die britische Wirtschaft sehr negative Auswirkungen haben."

Lesen Sie hier das gesamte Interview.

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