21.11.2017FDPFDP

SITTA-Interview: Es ging nicht

Das FDP-Präsidiumsmitglied Frank Sitta gab der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Jan Schumann:

Frage: Herr Sitta, nach dem Jamaika-Aus herrscht Krisenstimmung. War es das wert?

Sitta: Bei uns ist keine Krisenstimmung, Partei und Fraktion stehen voll hinter der Entscheidung. Wir wollten

vor der Wahl Trendwenden erreichen. Anders als die SPD haben wir uns nicht verschlossen und sind offen in die Gespräche gegangen. Wir haben die Chancen damals bei 50-50 gesehen und haben immer gesagt: Wir wollen unseren Beitrag für Kompromisse bringen. Bei den Verhandlungen gab es aber keine vertrauensvolle Atmosphäre – viel Indiskretion, viel Durchstechen von Papieren. Unsere Verhandlungsführer haben sich für den Abbruch entschieden, weil wir in existenziellen Fragen zu keinem Ergebnis kamen.

Frage: Die Grünen sind Ihnen doch weit entgegengekommen. Was wollten Sie denn noch?

Sitta: Das sehe ich anders. Wir sind in Klimafragen nicht besonders gut vorangekommen. Stattdessen haben die Grünen immer neues verrücktes Zeug gefordert, um sich das dann teuer abkaufen zu lassen. Das kann man als Taktik sicher versuchen, macht die Sache aber nicht einfacher.

Frage: Welche Forderungen?

Sitta: Auf einmal brachte Jürgen Trittin zum Beispiel den Begriff „Faire Wärme“ völlig neu ins Spiel. Es ging darum, dass der Steuerzahler energetische Sanierungen an Häusern bezahlen sollte, statt die Preise auf die Miete umzulegen. Das wäre milliardenschwer geworden, der Vorschlag kam aber erst in einer der letzten Nachtsitzungen am Wochenende. Die FDP ist für Umweltschutz und Energiewende - aber wir können nicht Deutschland schaden, weil wir ökologisch mit dem Kopf durch die Wand gehen. Es ist zudem eine Legende, dass wir kurz vor der Einigung standen: Wir haben zuletzt noch 237 eckige Klammern gezählt. Das war meilenweit von einer Einigung entfernt. Und ich hatte nicht den Eindruck, dass in den Gesprächen moderierend darauf hingewirkt wurde.

Frage: Der Abbruch wirkte inszeniert, beinahe zeitgleich veröffentlichte die FDP Statements im Netz. Wie fest haben Sie eigentlich am Wochenende noch an eine Einigung geglaubt?

Sitta: Wir haben daran geglaubt. Aber wenn Sie eine 50-50-Konstellation haben, sind sie auf verschiedene Konstellationen vorbereitet. So ein Facebook-Bild ist schnell gemacht, im Übrigen haben wir das auch schon in Niedersachsen verwendet. Wenn das Ende wirklich inszeniert gewesen wäre, hätte Christian Lindner seinen Text vor den Kameras ja nicht vorlesen müssen. Das ist nichts, was von langer Hand geplant war. Aber irgendwann muss trotzdem der Punkt erlaubt sein, dass man sagt: Wir machen nicht mehr mit!

Frage: Es gibt den Vorwurf der Profilierung auch, weil es der FDP so wichtig war, die Pressekonferenz zum Abbruch ohne die Sondierungspartner zu halten. Können Sie mit dem Schwarzen Peter jetzt gut leben?

Sitta: Die anderen Parteien wurden zuvor informiert. Eine gemeinsame Pressekonferenz gab es deswegen nicht, weil wir ja für uns allein entschieden hatten, dass wir nicht weiterkommen. Dazu stehen wir auch.

Frage: Steuern Sie jetzt auf eine schwarz-gelbe Minderheitsregierung zu? Oder Neuwahlen?

Sitta: Der Regierungsauftrag bleibt bei der CDU. Dass die SPD weiter eine Große Koalition ausschließt, halte ich für kritikwürdig. Zumindest dann, wenn man immer von staatspolitischer Verantwortung spricht. Stattdessen will man uns den Schwarzen Peter zuschieben, obwohl wir in die Gespräche gegangen sind. Das ist für mich der eigentliche Skandal. Eine Minderheitsregierung kann durchaus spannend sein. Man kann mit wechselnden Mehrheiten Politik auch interessanter machen.

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