FDP|
03.06.2016 - 17:00Optimistisch und souverän Richtung Zukunft
In Österreich hätte die rechte FPÖ fast den Bundespräsidenten gestellt. "Das passiert, wenn man aus Opportunismus die Parolen von Rechtspopulisten übernimmt", kommentierte FDP-Chef Christian Lindner im Interview mit "Die Presse". Er machte deutlich, dass die Freien Demokraten für einen andere Herangehensweise stünden: "Wir wenden uns an Leute, die die Zukunft nicht fürchten, sondern ihre Gestaltung anpacken wollen."
Den Aufschwung, den die AfD durch ihre rechtspopulistischen Parolen erlebt habe, werde durch die Große Koalition verstetigt: "Die Regierung spricht nur noch darüber, man müsse vermeiden, dass die AfD ein neues Gewinnerthema bekommt. Da müssen die nicht einmal mehr was sagen, weil deren Öffentlichkeitsarbeit von der Regierung gemacht wird."
Statt nach einem starken Mann zu rufen, wollten die Freien Demokraten "lieber jeden Einzelnen stark machen", führte Lindner aus. Es sei nicht seine Aufgabe, Menschen, die sich in die Vergangenheit zurück wünschten in der falschen Vorstellung zu belassen, dass es ein solches Zurück geben könne. Statt mit Problemen Ängste zu schüren, müssten diese Probleme gelöst werden, stellte der FDP-Chef klar.
Lesen Sie hier das vollständige Interview.
Frage: Was kann Deutschland von Österreich lernen, etwa wegen des Aufstiegs der FPÖ betrifft?
LINDNER: Da kann man studieren, was passiert, wenn man aus Opportunismus die Parolen von Rechtspopulisten übernimmt und aus Ängstlichkeit auf notwendige Reformen verzichtet, um sich mit unfinanzierbaren Versprechungen auf Kosten der Enkelgeneration Stimmen zu kaufen.
Frage: Passiert das in Deutschland auch schon so?
LINDNER: Die Regierung spricht nur noch darüber, man müsse vermeiden, dass die AfD ein neues Gewinnerthema bekommt. Da müssen die nicht einmal mehr was sagen, weil deren Öffentlichkeitsarbeit von der Regierung gemacht wird.
Frage: Beispiel Flüchtlingspolitik, hat Österreich da besser gearbeitet?
LINDNER: Es kann keine grenzenlose Aufnahmebereitschaft Europas geben. Genauso wenig wie eine Abschottung, weil wir als Europäer eine humanitäre Verpflichtung haben. Unsere alternden Gesellschaften haben Interesse an qualifizierter Zuwanderung. Aber der Rechtsstaat muss souverän entscheiden können, mit wem wir solidarisch sind und wen wir in den Arbeitsmarkt einladen.
Frage: Mit wem sollen wir solidarisch sein?
LINDNER: Mit Menschen in existenzieller Not, aber auch nur zeitweilig, solange sie in der alten Heimat bedroht sind. Wenn wieder Stabilität hergestellt sein wird, muss die Rückreise die Regel sein.
Frage: Und was macht man mit den Menschen, solange etwa der Syrien-Konflikt nicht gelöst ist?
LINDNER: Wir fördern sie in ihrer persönlichen Entwicklung, auch durch die Notwendigkeit, unsere Sprache zu lernen. Und wer sich an unsere Rechtsordnung gehalten hat, seinen Lebensunterhalt durch Arbeit übernehmen kann, soll sich bewerben können, dauerhaft hier zu bleiben.
Frage: Die FDP steht für Freiheit, die Menschen suchen aber Sicherheit. Ist man da nicht auf dem falschen Dampfer?
LINDNER: Im Gegenteil, wir müssen dafür sorgen, dass die Balance gewahrt bleibt. Die Ausdehnung des bürokratischen Wohlfahrtsstaats lähmt Fortschritt, die Ausdehnung des Sicherheitsstaats kriminalisiert unbescholtene Bürger. Soziale Sicherheit kommt heute aus bester Bildung. Und für öffentliche Sicherheit brauchen wir mehr Polizei und nicht weniger Bürgerrechte.
Frage: Derzeit wünschen sich doch viele eher einen starken Mann.
LINDNER: Wir wollen lieber jeden Einzelnen stark machen. Die FDP ist keine Partei, die sich an Wütende, an Ängstliche, an Menschen mit schlechter Laune wendet. Wir wenden uns an Leute, die die Zukunft nicht fürchten, sondern ihre Gestaltung anpacken wollen.
Frage: Verstehen Sie, dass Menschen Sehnsucht nach der vermeintlich guten alten Zeit haben?
LINDNER: Dafür habe ich Verständnis, aber es kann nicht meine Aufgabe sein, die Menschen in der falschen Vorstellung zu belassen, dass es ein solches Zurück geben könnte.
Frage: Es gibt das Schlagwort „die Ängste der Menschen ernst nehmen“.
LINDNER: Das teile ich. Der Satz ist da aber nicht zu Ende. Man muss sie in den Ängsten nicht bestätigen, sondern ihnen die Sorgen nehmen, indem man Probleme löst.
Frage: Wie löst man etwa die Probleme beim Thema Sicherheit?
LINDNER: Man sorgt dafür, dass der Rechtsstaat handlungsfähig ist, dass Sicherheitsbehörden gut ausgerüstet sind und europäisch kooperieren.
Frage: Und mehr Überwachung?
LINDNER: Von 15 Terroristen, die in den vergangenen Jahren Anschläge in Europa verübt haben, waren 14 den Behörden vorher bekannt. Bei einer besser organisierten Sicherheitsarchitektur hätte man sie mit den bestehenden Gesetzen präventiv dingfest machen können. Da überzeugt mich nicht, dass wir eine Einschränkung der Freiheitsrechte für uns alle erleben, etwa durch anlasslose Telekommunikationsüberwachung.
Frage: Und was stattdessen?
LINDNER: Diejenigen, die als Nachwuchsgotteskrieger in den syrischen Bürgerkrieg ausgereist sind und zurückkommen, sind potenzielle Gefährder. Die müssen vom Rechtsstaat lückenlos überwacht werden.
Frage: Das kann man ihnen halt oft nicht nachweisen.
LINDNER: Sie kommen aus einem Land, in das sie offensichtlich nicht aus touristischen oder ökonomischen Gründen gereist sind. Hier wäre ich bereit, nach der Verhältnismäßigkeit zu sagen, der Gewinn an Sicherheit ist größer als die Freiheitseinschränkung.
Frage: Zum Abschluss: Sehen Sie nach der Wahl 2017 die Chance einer Neuauflage von Schwarz-Gelb?
LINDNER: Die CDU steht uns unverändert am nächsten, ist aber auch sozialdemokratisch geworden. Also gibt es keinen Automatismus. Auch die Opposition wäre verdienstvoll, wenn man nur so marktwirtschaftliche und bürgerrechtliche Positionen öffentlich markieren kann.
Optimistisch und souverän Richtung Zukunft
In Österreich hätte die rechte FPÖ fast den Bundespräsidenten gestellt. "Das passiert, wenn man aus Opportunismus die Parolen von Rechtspopulisten übernimmt", kommentierte FDP-Chef Christian Lindner im Interview mit "Die Presse". Er machte deutlich, dass die Freien Demokraten für einen andere Herangehensweise stünden: "Wir wenden uns an Leute, die die Zukunft nicht fürchten, sondern ihre Gestaltung anpacken wollen."
Den Aufschwung, den die AfD durch ihre rechtspopulistischen Parolen erlebt habe, werde durch die Große Koalition verstetigt: "Die Regierung spricht nur noch darüber, man müsse vermeiden, dass die AfD ein neues Gewinnerthema bekommt. Da müssen die nicht einmal mehr was sagen, weil deren Öffentlichkeitsarbeit von der Regierung gemacht wird."
Statt nach einem starken Mann zu rufen, wollten die Freien Demokraten "lieber jeden Einzelnen stark machen", führte Lindner aus. Es sei nicht seine Aufgabe, Menschen, die sich in die Vergangenheit zurück wünschten in der falschen Vorstellung zu belassen, dass es ein solches Zurück geben könne. Statt mit Problemen Ängste zu schüren, müssten diese Probleme gelöst werden, stellte der FDP-Chef klar.
Lesen Sie hier das vollständige Interview.
Frage: Was kann Deutschland von Österreich lernen, etwa wegen des Aufstiegs der FPÖ betrifft?
LINDNER: Da kann man studieren, was passiert, wenn man aus Opportunismus die Parolen von Rechtspopulisten übernimmt und aus Ängstlichkeit auf notwendige Reformen verzichtet, um sich mit unfinanzierbaren Versprechungen auf Kosten der Enkelgeneration Stimmen zu kaufen.
Frage: Passiert das in Deutschland auch schon so?
LINDNER: Die Regierung spricht nur noch darüber, man müsse vermeiden, dass die AfD ein neues Gewinnerthema bekommt. Da müssen die nicht einmal mehr was sagen, weil deren Öffentlichkeitsarbeit von der Regierung gemacht wird.
Frage: Beispiel Flüchtlingspolitik, hat Österreich da besser gearbeitet?
LINDNER: Es kann keine grenzenlose Aufnahmebereitschaft Europas geben. Genauso wenig wie eine Abschottung, weil wir als Europäer eine humanitäre Verpflichtung haben. Unsere alternden Gesellschaften haben Interesse an qualifizierter Zuwanderung. Aber der Rechtsstaat muss souverän entscheiden können, mit wem wir solidarisch sind und wen wir in den Arbeitsmarkt einladen.
Frage: Mit wem sollen wir solidarisch sein?
LINDNER: Mit Menschen in existenzieller Not, aber auch nur zeitweilig, solange sie in der alten Heimat bedroht sind. Wenn wieder Stabilität hergestellt sein wird, muss die Rückreise die Regel sein.
Frage: Und was macht man mit den Menschen, solange etwa der Syrien-Konflikt nicht gelöst ist?
LINDNER: Wir fördern sie in ihrer persönlichen Entwicklung, auch durch die Notwendigkeit, unsere Sprache zu lernen. Und wer sich an unsere Rechtsordnung gehalten hat, seinen Lebensunterhalt durch Arbeit übernehmen kann, soll sich bewerben können, dauerhaft hier zu bleiben.
Frage: Die FDP steht für Freiheit, die Menschen suchen aber Sicherheit. Ist man da nicht auf dem falschen Dampfer?
LINDNER: Im Gegenteil, wir müssen dafür sorgen, dass die Balance gewahrt bleibt. Die Ausdehnung des bürokratischen Wohlfahrtsstaats lähmt Fortschritt, die Ausdehnung des Sicherheitsstaats kriminalisiert unbescholtene Bürger. Soziale Sicherheit kommt heute aus bester Bildung. Und für öffentliche Sicherheit brauchen wir mehr Polizei und nicht weniger Bürgerrechte.
Frage: Derzeit wünschen sich doch viele eher einen starken Mann.
LINDNER: Wir wollen lieber jeden Einzelnen stark machen. Die FDP ist keine Partei, die sich an Wütende, an Ängstliche, an Menschen mit schlechter Laune wendet. Wir wenden uns an Leute, die die Zukunft nicht fürchten, sondern ihre Gestaltung anpacken wollen.
Frage: Verstehen Sie, dass Menschen Sehnsucht nach der vermeintlich guten alten Zeit haben?
LINDNER: Dafür habe ich Verständnis, aber es kann nicht meine Aufgabe sein, die Menschen in der falschen Vorstellung zu belassen, dass es ein solches Zurück geben könnte.
Frage: Es gibt das Schlagwort „die Ängste der Menschen ernst nehmen“.
LINDNER: Das teile ich. Der Satz ist da aber nicht zu Ende. Man muss sie in den Ängsten nicht bestätigen, sondern ihnen die Sorgen nehmen, indem man Probleme löst.
Frage: Wie löst man etwa die Probleme beim Thema Sicherheit?
LINDNER: Man sorgt dafür, dass der Rechtsstaat handlungsfähig ist, dass Sicherheitsbehörden gut ausgerüstet sind und europäisch kooperieren.
Frage: Und mehr Überwachung?
LINDNER: Von 15 Terroristen, die in den vergangenen Jahren Anschläge in Europa verübt haben, waren 14 den Behörden vorher bekannt. Bei einer besser organisierten Sicherheitsarchitektur hätte man sie mit den bestehenden Gesetzen präventiv dingfest machen können. Da überzeugt mich nicht, dass wir eine Einschränkung der Freiheitsrechte für uns alle erleben, etwa durch anlasslose Telekommunikationsüberwachung.
Frage: Und was stattdessen?
LINDNER: Diejenigen, die als Nachwuchsgotteskrieger in den syrischen Bürgerkrieg ausgereist sind und zurückkommen, sind potenzielle Gefährder. Die müssen vom Rechtsstaat lückenlos überwacht werden.
Frage: Das kann man ihnen halt oft nicht nachweisen.
LINDNER: Sie kommen aus einem Land, in das sie offensichtlich nicht aus touristischen oder ökonomischen Gründen gereist sind. Hier wäre ich bereit, nach der Verhältnismäßigkeit zu sagen, der Gewinn an Sicherheit ist größer als die Freiheitseinschränkung.
Frage: Zum Abschluss: Sehen Sie nach der Wahl 2017 die Chance einer Neuauflage von Schwarz-Gelb?
LINDNER: Die CDU steht uns unverändert am nächsten, ist aber auch sozialdemokratisch geworden. Also gibt es keinen Automatismus. Auch die Opposition wäre verdienstvoll, wenn man nur so marktwirtschaftliche und bürgerrechtliche Positionen öffentlich markieren kann.