FDPDas aktuelle Interview

Die bürgerliche Mitte ist frei für uns

Christian LindnerChristian Lindner will weg vom Verteilen und wieder hin zum Erwirtschaften des Wohlstands
15.10.2014

„Mir geht es um liberale Grundüberzeugungen.“ Im Interview mit dem „Münchner Merkur“ wendet FDP-Chef Christian Lindner das auf Europa, die Energiewende und die AfD an. Der schwarz-roten Koalition wirft er vor: „Die haben vergessen, dass Wohlstand erwirtschaftet werden muss, bevor er verteilt werden kann.“ Er ist überzeugt: „Die bürgerliche Mitte ist frei für uns.“

Er streicht einmal mehr die Unterschiede der FDP zu den anderen Parteien hervor: „Ich will, dass Deutschland ein weltoffenes und tolerantes Land bleibt, das eine starke wirtschaftliche Basis hat. Es besorgt mich, dass uns eine vereinigte Sozialdemokratie von Union und SPD regiert. Linke und AfD bedienen dagegen ein Klima von Protest, Ressentiment und Angst.“

Die Energiewende ist total verkorkst

Lindner weiß aber auch, dass die FDP als Regierungspartei Fehler gemacht hat. Er ist sich sicher: „Wir sind nicht abgewählt worden, weil wir zu liberal waren, sondern weil wir zu wenig liberal waren“ Lindner erklärte, dass es ein Fehler war, dass die FDP in der letzten Legislaturperiode als Regierungspartei „die planwirtschaftliche Energiewende mitgetragen hat. Sie sichert einigen Investoren 20 Jahre Dauersubventionen, die Wettbewerb und Fortschritt ausbremsen, aber die Energiepreise treiben.“

Die Energiewende ist total verkorkst. Wir müssen das System der dauerhaften Subventionierung einzelner Energieträger aufheben und das EEG abschaffen“, so die klare Forderung des FDP-Vorsitzenden. Seine Empfehlung lautet: „Weg mit dem Erneuerbaren Energiegesetz, Tempo rausnehmen, europäische Energiepolitik machen.“ Denn: Der Zubau erneuerbarer Energie passiere in einem aberwitzigen Tempo und Deutschland nutze zudem technologischen Fortschritt nicht.

Europa politisch und wirtschaftlich zusammenhalten

Mit einer Legende räumt Lindner aber auf: „Manche sagen, die FDP hätte die fehlenden Stimmen für den Bundestag erhalten, wenn sie sich gegen die Euro-Stabilitätspolitik gestemmt hätte. Selbst wenn es so wäre, würde es Deutschland heute schlechter gehen – wirtschaftlich und politisch. Wir hätten Europa aufs Spiel gesetzt und unsere Seele verloren. Trotz Wahlniederlage war es richtig, dass wir uns gegen Opportunismus und für Europa entschieden haben.“ Die Grundsatzentscheidung, Europa politisch und wirtschaftlich zusammenzuhalten, sei zugleich eine Lehre aus der Geschichte und Vorsorge für Zukunft.

Einen Seitenhieb auf die AfD kann sich Lindner auch an dieser Stelle nicht verkneifen: „Die neuen Spannungen mit Russland und die Krisen in der arabischen Welt zeigen doch, wie kurzsichtig, einseitig ökonomisch und geschichtslos manche argumentieren. Man stelle sich nur unsere Lage vor, wenn Deutschland Europa 2010 in neue Rivalitäten hätte fallen lassen, wie Professoren es gefordert hatten.“

TTIP ist eine enorme Chance

Das setze sich beim Freihandelsabkommen mit Nordamerika fort. „Ich kann nicht verstehen, dass eine Partei wie die AfD gleichermaßen gegen Europa wie gegen die transatlantische Partnerschaft sein kann“, so Lindner. Für ihn gefährden „die Antiamerikaner von links und die Nationalstaatsromantiker von der AfD unseren Wohlstand.“

TTIP sei eine enorme Chance für die deutsche exportorientierte Wirtschaft – zur Sicherung gut bezahlter Arbeitsplätze. Der Liberale befürchtet: „Gelingt uns dieser Brückenschlag über den Atlantik nicht, setzen andere die Standards zu unseren Lasten. Es wird dann der autoritäre chinesische Staatskapitalismus sein, der die Regeln im Welthandel bestimmt.“

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