04.11.2005FDP-FraktionGesundheitspolitik

KOLB: Mit Union und SPD warten Versicherte bis in alle Ewigkeit auf Gesundheitsreform

BERLIN. Zu den jetzt bekannt gewordenen ersten Ergebnissen der Verhandlungen der Gesundheitspolitiker von SPD und CDU/CSU erklärt der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Heinrich L. KOLB:

Abwarten und Verschieben - nichts anderes hören wir seit Wochen von den Verhandlungspartnern in der Gesundheitspolitik. Auch heute werden die Versicherten wieder maßlos enttäuscht, denn es findet kein Spitzengespräch statt. Immer deutlicher wird, dass die dringend notwendige grundsätzliche Reform erneut verschoben wird. Wenn das Inhalt einer Koalitionsvereinbarung werden sollte, verlieren wir vier Jahre wertvolle Zeit. Und das angesichts der großen Herausforderungen, vor denen die Krankenversicherung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten steht.
Eine Reform des Gesundheitswesens, die ihren Namen verdient, muss zwingend zwei Elemente beinhalten: Zum einen die Abkoppelung der Morbiditätskosten von den Arbeitskosten und zum anderen die Bildung von Rückstellungen für die dramatisch steigenden Krankheitskosten einer alternden Gesellschaft.
Davon sind die Unterhändler der großen Koalition weit entfernt. Im Gegenteil. Die SPD will das marode Gesundheitssystem dadurch retten, dass sie auch diejenigen in die GKV hineinzwängt, die heute als PKV-Versicherte über Altersrückstellungen dazu beitragen, die demografische Entwicklung zu stabilisieren. Das kann nicht funktionieren. Es führt nur noch schneller zum Ruin des Systems. Deshalb: Hände weg von der Versicherungspflichtgrenze. Da muss die Union stark bleiben, sonst verliert sie mit der Akzeptanz der Bürgerversicherung durch die Hintertür ihre Glaubwürdigkeit vollends.
Die CDU/CSU will zwar den Arbeitgeberbeitrag festschreiben, traut sich aber nach der Preisgabe der Gesundheitsprämie durch Edmund Stoiber nicht mehr, für den so dringend benötigten, von ihr allerdings auch nie umfassend genug gewollten, Systemwechsel zu kämpfen. Was wir brauchen, sind leistungsgerechte Prämien, die Wettbewerbs- und Wachstumsdynamik ermöglichen und ganz andere Wahloptionen für die Versicherten eröffnen.
In der Arzneimittelpolitik reibt sich der geneigte Betrachter voll Verwunderung die Augen. Ein Preismoratorium als Stärkung des Pharmastandortes Deutschland ausgeben zu wollen, dazu gehört schon viel Chuzpe. Die Naturalrabatte will man verbieten. Auf Dauer angelegte Naturalrabatte sind allerdings heute schon an die Abnehmer weiterzugeben. Wie man da eine andere Qualität hereinbringen will, davon müssen wir uns wohl überraschen lassen. Zur Regulierung der Arzneimittelausgaben gibt es ein Instrumentarium, das sich dort, wo es Generika gibt, vom Grundsatz her bewährt hat, die Festbeträge. Wenn man der Auffassung sein sollte, dass diese Festbeträge zu hoch liegen, muss man sie absenken. Mit einem fünf-prozentigen Rabatt der Generikahersteller eine zusätzliche Maßnahme zu ergreifen, ist unsinnig und greift nicht marktkonform in den Preisbildungsprozess ein, obwohl es bessere Instrumente gibt. Bei der Definition dessen, was ein innovatives Arzneimittel ist, wünsche ich gutes Gelingen. Häufig stellt es sich erst im Laufe der Versorgung mit Arzneimitteln heraus, ob sie für die Patienten besser sind als bereits auf dem Markt befindliche Produkte. Dreh- und Angelpunkt einer rationalen Arzneimittelverordnung ist für mich nach wie vor der Arzt. Er muss durch eine umfassende und möglichst objektive Information in die Lage versetzt werden, die Entscheidung gemeinsam mit seinem Patienten zu treffen, welches Arzneimittel zur Anwendung kommt. Wie mit den Instrumenten, die bisher auf den Tisch gelegt worden sind, eine Einsparung in Höhe von zwei Milliarden Euro jährlich realisiert werden soll, ist und bleibt ein Rätsel.
Ich fordere die verhandelnden Gesundheitspolitiker auf, sich endlich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und zu akzeptieren, dass mit Kostendämpfungsmaßnahmen die Zukunft des Gesundheitssystems nicht gesichert werden kann, zumal wenn man zusätzlich ausgabensteigende Projekte wie z. B. ein Präventionsgesetz plant.

Susanne Bühler
Telefon: (030) 227-52378
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1133-kolb-gesundheitsreform.pdf

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