13.08.2013FDPFinanzpolitik

LINDNER-Interview für die "Kieler Nachrichten"

Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER gab den "Kieler Nachrichten" (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte DIETER WONKA:

Frage: Ist politische Erpressung à la Maut-Seehofer für einen Koalitionspartner akzeptabel?

LINDNER: Das verbuche ich unter bayerischer Folklore im Sommer. Horst Seehofer hat schon manches beschlossen, was zuvor angeblich nur über seine Leiche ging. Er ist aber offensichtlich putzmunter. Als Ministerpräsident müsste er wissen, dass auch deutsche Autofahrer eine Maut zahlen müssten. Eine Pkw-Maut wird die FDP nicht mittragen.

Frage: Was spricht gegen eine allgemeine Pkw-Maut für alle?

LINDNER: Die Politik kann erst dann glaubwürdig über neue Modelle nachdenken, wenn alle Mittel aus der Lkw-Maut und aus der Mineralölsteuer tatsächlich zu 100 Prozent für die Verkehrswege zur Verfügung stünden. Wenn es dann nicht reicht, kann man neu nachdenken. Seehofers Pkw-Maut ist eine kreative Idee, den Bürgern noch tiefer in die Tasche zu greifen. Ich befürchte, dass nach der Einführung der PKW-Maut nach und nach staatliche Mittel für den Verkehrshaushalt gekürzt würden.

Frage: Unions-Fraktionschef Kauder erklärt schon jetzt die Mehrwertsteuer für unreformierbar, auch für die nächste Regierung. Ist das katastrophaler Kleinmut?

LINDNER: An der FDP würde eine grundlegende Reform und Vereinfachung des Mehrwertsteuer-Systems nicht scheitern. Bundesfinanzminister Schäuble ist am Zug. Unabhängig davon zeigt sich: Die FDP ist als Kompass und Motor einer Koalition unverzichtbar, sonst legen die Partner die Hände in den Schoß. Selbstzufriedenheit ist der erste Schritt zum Verlust der Stärke Deutschlands.

Frage: Was erwarten Sie von der nächsten Koalition?

LINDNER: Die nächste Regierung muss bis 2017 historische Weichenstellungen leisten. Der Staat muss aus der Abhängigkeit der Kapitalmärkte befreit werden, ohne dass dazu Steuern erhöht werden. Das setzt also mehr Disziplin bei den Staatsausgaben voraus, als die Union sie in ihrem Wahlprogramm gezeigt hat. Die Energiewende muss neu gestaltet werden: Mehr marktwirtschaftliche Instrumente, statt teurer Photovoltaik-Förderung, mit der die Grünen über die Stromrechnung von der Rentnerin zu grünen Lobbys umverteilen. Und wir brauchen genügend Fachkräfte, durch gute Bildungspolitik und durch ein modernes Zuwanderungsrecht.

Frage: Angela Merkels Wahlkampf steht eher für eine Stillstands-Republik. Rundum ist Europa aber in reformerischer Bewegung. Läuft Deutschland Gefahr, sich zu sehr und zu lange auf der Reformpolitik der Agenda 2010 auszuruhen?

LINDNER: Das ist eine Gefahr. Die Union verspricht im Wahlprogramm zusätzliche Ausgaben von 30 Milliarden Euro. Das ist nicht seriös und ein falsches Signal nach Europa: Dort predigen wir die Stabilität und bei uns kommen die Spendierhosen in Mode.

Frage: Wieso wollen Sie vorab einen unumstößlichen Parteibeschluss, dass die FDP nach der Wahl für eine Ampel definitiv nicht zur Verfügung steht?

LINDNER: Sozialdemokraten und Grüne sind heute fixiert auf mehr Staat, mehr Gleichheit, mehr Bevormundung. Das sind nicht mehr die Parteien der Agenda 2010. Wir stehen für Freiheit, Eigenverantwortung und Freude an Leistung. Sowohl bei den Projekten als auch bei den Mentalitäten liegen Welten insbesondere zwischen Grünen und FDP.

Frage: Läuft die SPD Gefahr, auf Jahre hinaus im Bund regierungsunfähig zu werden?

LINDNER: Die SPD agiert mindestens verantwortungslos. In der Datenaffäre hat SPD-Chef Gabriel der Kanzlerin faktisch Landesverrat vorgeworfen. Gabriel vergiftet den Brunnen, aus dem alle Demokraten trinken. Mit solchen Äußerungen disqualifiziert man sich.

Social Media Button