FDPFlüchtlingskrise

Merkel muss Klartext reden

Christian LindnerChristian Lindner fordert gesamteuropäische Lösungen in der Flüchtlingskrise
27.11.2015

Im Gespräch mit "n-tv" hat FDP-Chef Christian Lindner seine Forderung an die Bundeskanzlerin bekräftigt, sich mit klaren Worten an Flüchtlinge im Ausland zu wenden und die erschöpften Kapazitäten in Deutschland darzulegen. Es muss aus seiner Sicht eine Wende her: Mehr Engagement und finanzielle Unterstützung der Bundesrepublik bei der Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei, Jordanien und dem Libanon, begleitet von deutlich reduzierten Flüchtlingszahlen in Deutschland.

Für ihn ist es unverständlich, dass eine solche öffentliche Erklärung der Kanzlerin bisher ausbleibt. Merkel regiere ihrem 'Wir-schaffen-das'-Satz hinterher, kritisierte Lindner. Ihre europäischen Partner sähen die Sache mittlerweile völlig anders. Der Freidemokrat plädierte für eine gemeinsame europäische Flüchtlingsstrategie mit einheitlichen Standards.

Schulter an Schulter gegen den Terror

Auch bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors, der zu den zentralen Ursachen der Fluchtbewegungen gehört, brauche es eine einheitliche, konsistente Strategie des Westens. "Wenn es unter dem Dach der Vereinten Nationen eine Mission gegen den Islamischen Staat gibt, dann halte ich es für notwendig und möglich, dass sich auch Deutschland beteiligt", unterstrich Lindner. Er betonte jedoch: "Mit Militärschlägen allein werden wir der Bedrohung nicht Herr werden." Es gehe darum, auch die Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund in Europa zu verbessern. "Wir müssen die weltanschauliche Auseinandersetzung mit dieser Sekte suchen", sagte Lindner. Hier werde es auch darauf ankommen, beispielsweise mit Saudi Arabien zu sprechen und sich der Finanzierung und Verbreitung von extremistischen Zweigen des Islams entgegenzustellen.

Weder Abschottung noch unbegrenzte Aufnahme

Auch in der Runde bei "Anne Will" am Mittwochabend hatte Lindner verdeutlicht, dass die Zahl der ankommenden Flüchtlinge sich zumindest halbieren müsse. Der FDP-Chef warf der Bundeskanzlerin vor, mit dem Ausspruch "Wir schaffen das" falsche Signale an Zuwanderer gesendet zu haben. Die Bundesregierung versuche, ganz Europa eine Politik der "unbegrenzten Willkommenskultur" aufzuzwingen.

Lindners Gegenvorschlag: Ein einheitliches europäisches Asylrecht und das Instrument des vorübergehenden humanitären Schutzes für Kriegsflüchtlinge. Das Grundgesetz müsse dafür nicht geändert werden, denn dieses internationale Instrument gebe es schon neben dem Asylrecht. "Wir dürfen kein deutsches Europa anstreben", stellte Lindner mit Blick auf den bisherigen Alleingang der Bundesregierung in der Krise klar. Deutschland müsse auf die Bedürfnisse und stärkeren Restriktionen der Franzosen, Briten und Osteuropäer eingehen.

Für Spannung in der Sendung sorgte die Debatte um Bedenken des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zum Thema Antisemitismus. Bei einem späteren Telefonat stimmten Lindner und Schuster überein: Antisemitismus müsse entschlossen bekämpft werden, egal von welcher Seite. Bei der Integration von Flüchtlingen sei dies ein besonders wichtiger Aspekt, weil in einigen Herkunftsgesellschaften Antisemitismus bisweilen offen ausgelebt werde. Pauschale Vorverurteilung oder Ressentiments wolle aber niemand. Hierzu berichtete Schuster, dass seine in den Medien verwendeten Zitate zum Thema aus anderen Kontexten stammten und teilweise missverstanden wurden. Irritationen seien mit dem Gespräch aus der Welt geschafft, erklärten Lindner und Schuster.

Hier können Sie die Sendung in voller Länge anschauen.

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