FDPDas aktuelle Interview

Polizei und Justiz besser ausstatten

Wolfgang KubickiWolfgang Kubicki
12.01.2016

Härter bestrafen, schneller ausweisen: Für FDP-Vize Wolfgang Kubicki sind die geforderten Gesetzesverschärfungen lediglich "ein Ausdruck der Hilflosigkeit". Im Interview mit der "Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen" erklärte er, dass es aus seiner Sicht keine Gesetzeslücken gebe, die geschlossen werden müssten. Stattdessen fordert Kubicki: "Wir brauchen dringend eine bessere Ausstattung von Polizei und Justiz."

Der Gesetzgeber solle nicht versuchen, durch Aktionismus den Eindruck erwecken, er würde mit einer Verschärfung etwas bewirken, verdeutlichte der FDP-Vize. "Im Gegenteil: Man enttäuscht die Bevölkerung, wenn man feststellt, dass Polizei und Justiz keine Möglichkeit haben, dass es zu einer schnellen und wirksamen Verfolgung kommt." Schärfere Gesetze ohne Gerichte und Richter, die sie auch durchsetzen könnten, nützten nichts. Die Polizei müsse "gegenüber Jedermann und Jederfrau die rechtsstaatliche Ordnung durchsetzen", machte Kubicki klar. "Das ist ja der Sinn des Rechtsstaates."

Rechtsstaat muss sich wehrhaft zeigen

Die Idee, straffällig gewordene Asylbewerber ihre Haftstrafen in ihrem Heimatland absitzen zu lassen, "ist ein bisschen komisch", konstatierte der Jurist. "Solange über den Asylantrag noch nicht entschieden ist, wäre das rechtlich auch grundsätzlich unzulässig." Um die Täter abzuschrecken, müssten die Strafverfahren beschleunigt werden. Kubickis Vorschlag: "Das Strafgericht könnte gleichzeitig über die Möglichkeit einer Beendigung des Aufenthaltsstatus entscheiden und diese dann gegebenenfalls als Nebenstrafe aussprechen."

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Frage: Nach den Vorfällen in Köln wird über eine Verschärfung des Sexualstrafrechts diskutiert – was sagen Sie als Jurist?

KUBICKI: Das ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit. Bei den Kölner Vorfällen geht es ja weniger darum, Täter zu verurteilen, als vielmehr sie festzunehmen. Das ist die Voraussetzung. Vergewaltigung ist bereits ein schweres Verbrechen, das in Köln nach aktueller Lage ja vorgekommen ist, ohne dass die Strafandrohung etwas verhindert hätte.

Frage: Es gibt also keine Gesetzeslücken, die geschlossen werden müssten?

KUBICKI: Nein, ich sehe momentan keine. Wir brauchen eine konsequente Verfolgung, die wir gegenwärtig nicht haben. Ob das Anfassen einer Frau eine Beleidigung oder eine sexuelle Nötigung darstellt, das kann die Rechtsprechung problemlos klären. Der Gesetzgeber sollte nicht durch Aktionismus den Eindruck erwecken, er würde mit einer Verschärfung etwas bewirken. Im Gegenteil: Man enttäuscht die Bevölkerung, wenn man feststellt, dass Polizei und Justiz keine Möglichkeit haben, dass es zu einer schnellen und wirksamen Verfolgung kommt. Was nützen schärfere Gesetze, wenn es immer weniger Richter gibt, die diese Gesetze anwenden können und die Verfahren so lange dauern?

Frage: Schärfere Gesetze hätten die Vorfälle in Köln nicht verhindert?

KUBICKI: Wenn Menschen mit Migrationshintergrund, die vorläufig festgenommen worden sind, erklären, dass sie die deutschen Gesetze nicht kennen, dann nützt eine Verschärfung nichts. Wir brauchen eine moralische Unterstützung der Polizei, die ja schon Beißhemmungen hat, wenn es um Menschen mit Migrationshintergrund geht. Sie will nicht verdächtigt werden, es ginge um fremdenfeindliche Aktionen. Aber auf diese political correctness darf Polizei keine Rücksicht nehmen.

Frage: Moralische Unterstützung?

KUBICKI: Wir müssen dafür sorgen, dass die Polizei gegenüber Jedermann und Jederfrau die rechtsstaatliche Ordnung durchsetzen kann. Das ist ja der Sinn des Rechtsstaates. Polizisten dürfen nicht das Gefühl haben, dass sie bestimmte Maßnahmen nicht ergreifen dürfen.

Frage: Es wird auch eine Verschärfung des Asylrechts diskutiert.

KUBICKI: Die Idee, dass straffällig gewordene Asylbewerber ihre Haftstrafen in ihrem Heimatland absitzen sollen, ist ein bisschen komisch. Solange über den Asylantrag noch nicht entschieden ist, wäre das rechtlich auch grundsätzlich unzulässig. Wollen wir die Täter abschrecken, müssen wir die Strafverfahren beschleunigen. Es darf in Deutschland einfach keine lange Zeit zwischen der Straftat und der Verurteilung geben. Ansonsten ist der Lerneffekt: Der deutsche Rechtsstaat ist zu schwach, um sich mit den Problemen ernsthaft auseinander zu setzen.

Frage: Woran krankt der deutsche Rechtsstaat?

KUBICKI: Wir brauchen dringend eine bessere Ausstattung von Polizei und Justiz. Wir haben zusätzlich eine Million Menschen in unserem Land. Selbst wenn wir sagen, dass die Kriminalitätsrate bei denen, die zu uns kommen, nicht höher ist als bei Deutschen, gibt es immer noch eine gewisse Zahl an Menschen, die kriminell sind und entsprechend auch verfolgt werden müssen. Gelingt dies nicht, werden die Menschen nicht akzeptieren, dass wir weiterhin einen solchen Flüchtlingsstrom haben wie gegenwärtig.

Frage: Gibt es bei kriminellen Asylbewerbern eine Möglichkeit, Verfahren zu beschleunigen?

KUBICKI: Das Strafgericht könnte gleichzeitig über die Möglichkeit einer Beendigung des Aufenthaltsstatus entscheiden und diese dann gegebenenfalls als Nebenstrafe aussprechen. Damit würde man sich ein Verfahren sparen. Über diese Idee könnte man nachdenken. Das ist nach der Genfer Konvention auch möglich. Dann wäre die Abschreckungswirkung vermutlich deutlich höher als gegenwärtig. Aktuell können dazwischen viele Jahre liegen.

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