StiftungInterview

VDS ist in Deutschland nicht zu machen

Sabine Leutheusser-SchnarrenbergerDie ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger lehnt eine Einführung der Vorratsdatenspeicherung ab.
16.04.2015

Kaum sind die "Je suis Charlie"-Plakate weg, schon werden die Paris-Anschläge instrumentalisiert, um für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu werben. Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger lehnt diesen Ansatz deutlich ab. Im Interview mit "freiheit.org" sprach sie über alternative Strategien zur Terrorismusbekämpfung sowie über die wichtige Rolle politischer Bildung.

"Jeder Anlass wird genutzt, um alte Überwachungsforderungen durchzusetzen, unabhängig davon, ob mit der totalen Überwachung tatsächlich mehr Sicherheit erzielt werden kann", stellte die Freie Demokratin mit Blick auf die aktuelle Debatte fest. Dabei habe die in Frankreich geltende Vorratsdatenspeicherung die Anschläge nicht verhindern können. Darüber hinaus sei seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im vergangenen Jahr klar, dass es eine anlasslose, verdachtslose und flächendeckende Speicherung und Verwertung von Telekommunikationsdaten nicht geben dürfe. "Das weiß jeder kompetente Innenpolitiker", unterstrich sie.

In Deutschland gebe es ohnehin ein engmaschiges Sicherheitssystem mit weitgehenden Strafbestimmungen gegen Terrorismus und extra eingerichteten Terrorismusabwehrzentren, hob Leutheusser-Schnarrenberger hervor. "Die absolute Sicherheit gibt es nicht und kann auch nicht versprochen werden", betonte sie. Mit Besonnenheit und Wachsamkeit müssten die Sicherheitsbehörden die bestehenden Gesetze anwenden. Darüber hinaus brauche es angesichts der steigenden Anzahl von verdächtigen Dschihadisten eindeutig mehr Polizeibeamte.

Extremismus durch Bildung bekämpfen

Außerdem müsse viel mehr Gewicht auf die Ursachenanalyse gelegt werden. "Was führt zu dieser Radikalisierung? Nur mit Prävention kann diesem Terrorismus die Basis entzogen werden", so Leutheusser-Schnarrenberger. Für die Freie Demokratin ist klar: Zur wehrhaften Demokratie gehöre neben der Repression von Straftaten die frühzeitige Vermittlung der Werte des Grundgesetzes und des Rechtsstaates. "Verfassungspatriotismus als Bildungsziel gehört dazu. Genauso wie gute Exit-Programme. Bildung und Aufklärung müssen zusammen mit den Muslimen erfolgen."

Liberale Argumente gegen die VDS

Die Stiftung für die Freiheit hat darüber hinaus in einem Positionspapier die wichtigsten Argumente gegen die anlasslose Speicherung aller Kommunikationsdaten zusammengetragen. Stiftungsexpertin Anette Siems stellt klar: "Eine anlass- und verdachtslose Vorratsdatenspeicherung ist mit dem Modell einerliberalen Bürgergesellschaft nicht vereinbar."

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