13.08.2005FDP

WESTERWELLE-Interview für die "Wolfsburger Allgemeine Zeitung"

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der "Wolfsburger Allgemeinen Zeitung" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten BERND RIPPERT und DIRK BORTH:

Frage: Herr Westerwelle, 1998 waren Sie zuletzt offiziell in Wolfsburg, im Kunstmuseum. Haben Sie das Haus seither wieder besucht?

WESTERWELLE: Nein, aber in Ihrer Städtischen Galerie war doch die Ulf-Puder-Ausstellung. Eines der größten Bilder darin war aus meiner Sammlung - ich hatte das Bild "Die Landzunge" als Leihgabe in der Ausstellung. Das macht mich als Kunstsammler stolz.

Frage: Zur Politik. Wer wird Deutschland nach dem 18. September regieren?

WESTERWELLE: Das ist noch nicht entschieden und wird noch ein harter Weg. Aber am Schluß wird es für Schwarz-Gelb reichen. Die Mehrheit der Deutschen will keine linke Mehrheit im Bundestag.

Frage: Die Umfragewerte für Schwarz-Gelb sinken aber.

WESTERWELLE: Sicher werden wir noch ein Wechselbad der Gefühle bis zur Wahl erleben, aber ich bin fest von unserer Mehrheit überzeugt.

Frage: Stört Sie da nicht Stoibers jüngste Schelte der Ostdeutschen?

WESTERWELLE: Ich rede hier über die Politik der FDP. Aber eins steht fest: West gegen Ost wird kein Thema einer Bundesregierung, an der wir beteiligt sind. Aus meiner Lebenserfahrung füge ich hinzu: Klugheit ist garantiert keine Frage der regionalen Herkunft.

Frage: Welche Koalition schließen Sie aus, um die Mehrheit zu erreichen?

WESTERWELLE: Eine sogenannte Ampelkoalition schließe ich sicher aus. Wir wollen Rot-Grün beenden und nicht verlängern. Außerdem ist die Vorstellung, Jürgen Trittin und ich säßen in einer Regierung, schon Realsatire. Entweder gibt es am 18. September eine Schwarz-Gelbe Mehrheit oder eine der Linken. Gibt es eine linke Mehrheit, wird es auch keine Große Koalition geben. Dann würde der Bundeskanzler aber nicht mehr Gerhard Schröder heißen, sondern vielleicht Sigmar Gabriel. Und das würde mich mehr als eine schlaflose Nacht kosten.

Frage: Haben Sie Angst, daß Ihnen eine starke Linkspartei noch einen Strich durch die Rechnung macht?

WESTERWELLE: Man sollte den Augenblick nicht fürs Ergebnis nehmen. Wenn es ernst wird für Deutschland, werden die Menschen verantwortungsbewußt wählen.

Frage: Warum muß Rot-Grün weg?

WESTERWELLE: Dafür gibt es sechs bis sieben Millionen Gründe. So hoch ist die eigentliche Zahl der Arbeitslosen in Deutschland. Wir werden auf Wachstum setzen und auf eine wirtschaftsfreundliche Politik.

Frage: Also finden Sie nicht alles schlecht an Agenda 2010 und Hartz-Gesetzen?

WESTERWELLE: Der Kardinalfehler der alten Regierung war es, daß sie sich bei den Hartz-Gesetzen um die bessere Verwaltung der Arbeitslosen kümmerte, nicht aber um Wachstum und neue Arbeitsplätze. Rot-Grün war das Dosenpfand wichtiger als neue Jobs durch die Bio- und Gentechnologie.

Frage: Wie sähe denn Ihr Programm für die ersten 100 Tage in der Regierung aus?

WESTERWELLE: Ein einfacheres, gerechteres und niedrigeres Steuersystem, Rückführung der Lohnzusatzkosten, Bundesagentur für Arbeit auflösen und neu gründen, Abbau von Bürokratie - zum Beispiel sollen Länder und Kommunen wie Wolfsburg selbst über den Ladenschluß entscheiden und eine Forschungs-Förderung. Wir müssen neue Technologien einladen, statt sie raus zu ekeln. Außerdem würden wir das Bankgeheimnis wieder einführen.

Frage: Reicht das, um Arbeitslosigkeit und Stagnation zu bekämpfen?

WESTERWELLE: Es sind wichtige Voraussetzungen. Durch glasklare Entscheidungen muß die neue Bundesregierung die Binnennachfrage stimulieren. Mehr Netto vom Brutto in den Taschen der Menschen ist der Schlüssel für Konsum. Und am Ende wird das Thema Arbeitslosigkeit die Wahl entscheiden.

Frage: Weniger förderlich für den Konsum ist der Merkel-Plan die Mehrwertsteuer zu erhöhen.

WESTERWELLE: Ich halte eine Einigung mit der Union für notwendig und möglich. Eine höhere Mehrwertsteuer ist nicht förderlich für die Konjunktur.

Frage: Wobei Ihr persönliches Thema eher die weite Welt wäre. Angeblich wollen Sie Außenminister werden.

WESTERWELLE: Wir reden im Wahlkampf über Inhalte. Um uns Politiker müssen Sie sich keine Sorgen machen. Hier geht es um die Zukunft Deutschlands. Nur Joschka Fischer fragt: Was wird aus mir?

Frage: Abenteuerlich war Ihr FDP-Generalsekretär, der in Wolfsburg die Abschaffung des VW-Gesetzes forderte. Sie auch?

WESTERWELLE: Dieses Thema ist bei der Landesregierung in besten Händen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Frage: Und was sagen Sie zum Korruptionsskandal, der VW erschüttert?

WESTERWELLE: Man kann doch eine ganze Firma nicht dafür in Haft nehmen, daß einige Mitarbeiter möglicherweise einen unruhigen Unterleib hatten. Das Ganze ist ein sehr ernster Vorgang, der aufgeklärt wird.

Frage: Welches Auto fahren Sie privat?

WESTERWELLE: Einen Smart. Aber mein Traumauto ist das Käfer-Cabrio. Irgendwann kriege ich den.

Frage: Letzte Frage zum Fußball. Haben Sie den VfL Wolfsburg einmal live erlebt?

WESTERWELLE: Nein. Das liegt auch daran, daß ich kein ausgeprägter Fußballfan bin.
Natürlich habe ich schon Fußball im Stadion gesehen. Ich selbst treibe anderen Sport - Laufen, Schwimmen, Ski fahren, Biking, Fitneß, Segeln, Tauchen und Beach-Volleyball - wenn"s geht drei bis vier Mal die Woche.

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