BILD-Kolumne GUIDO WESTERWELLES
Berlin. Für die heutige Ausgabe der "Bild-Zeitung" schrieb der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE folgende Kolumne:
"Die Waffenruhe in Nahost ist brüchig. Trotzdem will die Bundesregierung bewaffnete deutsche Soldaten schicken. Das bereitet mir große Sorgen.
Deutsche Kampftruppen auf libanesischem Boden soll es nicht geben, hat die Bundeskanzlerin diese Woche versprochen. Schwarz-Rot will aber die Marine und die Bundespolizei schicken. Auch diese Verstärkung der Mission der Vereinten Nationen (UN) ist gefährlich. Bei keinem UN-Einsatz gab es mehr Opfer: 200 tote Blauhelm-Soldaten bisher.
Jetzt will die UN es ihren Soldaten erlauben, scharf zu schießen. Auf wen? Nur auf Terroristen der Hisbollah?
Die Bedingungen für eine deutsche Beteiligung sind völlig unklar. Die Europäische Union schafft es bislang nicht, ihre Kräfte zu bündeln. Frankreich macht einen Rückzieher. Italien will einspringen, fordert aber glasklare Regeln. Und Rom sagt: Alle Europäer sollen mitmachen. 25 EU-Staaten mit einem Mini-Kontingent? Ist das sinnvoll?
Italien pocht darauf, dass zuerst die Hisbollah entwaffnet wird. Das will auch die UN. Aber niemand weiß, wer das tun soll - und wie. Darf man deutsche Soldatinnen und Soldaten da hineinschlittern lassen?
Die Bundesregierung sollte bedenken, was drei weise Politiker wie Walter Scheel, Otto Graf Lambsdorff und Hans-Dietrich Genscher ihr schreiben. Diese drei Persönlichkeiten haben Erfahrung. Sie warnen: Es gibt die "historische und moralische Verantwortung, deutsche Soldaten vor Konfliktsituationen mit israelischen Soldaten oder auch Zivilpersonen" zu bewahren.
Unser langjähriger Außenminister Genscher, Graf Lambsdorff und Alt-Bundespräsident Scheel stehen nicht allein. Jede Bundesregierung hat bisher gesagt: Bewaffnete deutsche Soldaten haben in Nahost nichts verloren. Die jetzige Bundesregierung sollte auch die Besorgnis vieler, vieler Bürger in unserem Lande ernst nehmen.
Eine schnelle Lösung für Nahost wird es nicht geben. Gemeinsam haben die Konfliktparteien bisher leider nur den Hass, der sie trennt.
Wir können helfen: medizinisch, bei der Infrastruktur, diplomatisch. Aber nicht mit bewaffneten deutschen Soldaten."