StiftungPetrobras-Skandal

Brasilien in der Staatskrise

Demonstration in São Paulo. Bild: Carlo Rocha, Institut Studenten für die Freiheit Brasilien, bearbeitet.Demonstration in São Paulo. Bild: Carlo Rocha, Institut Studenten für die Freiheit Brasilien, bearbeitet.
21.04.2016

Brasilien befindet sich in einer tiefen politischen Krise. Beate Forbriger, Brasilien-Expertin der Stiftung für die Freiheit, schilderte die Korruptionsvorwürfe, Justizverfahren und Demonstrationen, die die Regierung erschüttert haben. "Staatspräsidentin Dilma Rousseff der Arbeiterpartei PT ist seit längerem politisch gelähmt und steht durch ein Amtsenthebungsverfahrens unter starkem Druck. Grund ist der Skandal um den staatlichen Energiekonzern Petrobras", erklärte Forbriger. Die Ermittlungen im Petrobras-Skandal hätten etliche führende Politiker und Unternehmer bereits hinter Gitter gebracht.

"Als Rousseff ihrem Amtsvorgänger und Mentor Luiz Inácio 'Lula' da Silva ein Ministeramt anbot, war das Maß für viele Brasilianer voll", so die Stiftungsexpertin weiter. "Ein Schachzug, so die Vermutung der Menschen, um Lula gegen die Ermittlungen der brasilianischen Justiz zu schützen. Denn Minister genießen weitgehende Immunität." Doch die Justiz habe schnell reagiert: "Nach mehreren Eilverfügungen entschied ein Mitglied des Obersten Bundesgerichtes schließlich, den Amtsantritt Lulas zu untersagen und gab das Ermittlungsverfahren gegen ihn wieder an den zuständigen Richter zurück." Bei landesweiten Kundgebungen hätten Millionen Brasilianer gegen Korruption, für ein Impeachment der Präsidentin und für das mutige Verhalten der Justiz demonstriert.

Machtwechsel scheint möglich

In den vergangenen Wochen hätten einige kleinere Parteien bereits die Regierungsallianz verlassen, berichtete Forbriger. Alles deute darauf hin, dass mit einem Machtwechsel gerechnet werde. Auch der amtierende Vizepräsident und Chef der Zentrumspartei PMDB, Michael Temer, habe vor einigen Wochen einen Krisenplan für Brasilien vorgelegt, "der von vielen Wirtschaftsexperten als gut befunden wurde und auch liberale Elemente enthält", hob die Stiftungsexpertin hervor. "Dieser könnte im Falle eines Impeachments Rousseff wieder aktuell werden, da Temer dann der natürliche Nachfolger der Präsidentin wäre."

Mit oder ohne Rousseff sei das Land allerdings weit von einer Lösung seiner strukturellen Probleme entfernt. "Die oppositionelle Bevölkerung hat den Glauben an die Parteien und ihre opportunistischen Politiker weitgehend verloren. Das Land braucht möglichst schnell wieder politische Mehrheiten, um Reformen zu verabschieden, das verlorene Vertrauen zurückgewinnen und eine Zukunftsperspektive aufzeigen zu können", führte Forbriger aus.

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