31.03.2012FDP-Fraktion

BRÜDERLE-Interview für die "Leipziger Volkszeitung"

Berlin. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Präsidiumsmitglied RAINER BRÜDERLE gab der "Leipziger Volkszeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte THILO BOSS:

Frage: Herr Brüderle, bereits in Ihrer Zeit als Wirtschaftsminister haben Sie die hohen Spritpreise kritisiert. Zocken die Mineralölkonzerne die Autofahrer ab?

BRÜDERLE: Wir haben es mit wenigen großen Mineralölkonzernen zu tun, die den Kraftstoffmarkt beherrschen. In solchen Konstellationen muss man natürlich immer genau hinschauen, ob die Marktmacht zum Nachteil der Verbraucherinnen und Verbraucher missbraucht wird. Mich stört vor allem, dass zu jedem Ferienbeginn und oft auch zu Feiertagen fast reflexhaft die Preise an den Tankstellen erhöht werden.

Frage: Sie sprechen von einem Oligopol. Wie kriegen wir mehr Wettbewerb in den Markt?

BRÜDERLE: Ich fordere die Mineralölkonzerne auf, die Benzinpreise vor Ostern nicht wieder drastisch zu erhöhen. Dass das Kartellamt die Preise im Blick hat, ist das eine. Dass die Konzerne ihrer Verantwortung gerecht werden, das andere. Wenn das nicht funktioniert, muss die Bundesregierung weitere Maßnahmen prüfen, um den Verbraucherschutz an der Zapfsäule zu erhöhen. Der Bundeswirtschaftsminister hat mit der Novelle des Wettbewerbsrechts erste Vorschläge in die richtige Richtung vorgelegt.

Frage: Die Länder schlagen vor, einmal am Tag einen Höchstpreis festzusetzen. Ist das die Lösung?

BRÜDERLE: Wir diskutieren alle Vorschläge, die auf dem Tisch liegen. Sie müssen aber zum richtigen Ziel führen: nämlich zu einem stärkeren Wettbewerb und fairen Preisen. Wenn man einen Preis einmal täglich festlegt, besteht die Gefahr, dass dies im Zweifel nicht zu Gunsten der Autofahrer ausfällt.
Frage: Ein Problemfaktor für den Preis ist angesichts der schwelenden Schuldenkrise der Kursverfall des Euros gegenüber dem US-Dollar. Müssen wir nicht allen deshalb weiter mit steigenden Spritpreisen rechnen?

BRÜDERLE: Wir haben begrenzte Ölvorräte. Und in der Wirtschaft gilt: Wenn etwas knapp wird, wird es teurer. Deswegen ist es umso wichtiger, dass der Wettbewerb funktioniert.

Frage: Erwarten Sie durch den hohen Ölpreis negative Auswirkungen für die Konjunktur?

BRÜDERLE: Der Ölpreis ist immer ein wichtiger Faktor - aber eben nur einer von vielen, die unser Wachstum beeinflussen. Unsere Wirtschaft ist hervorragend aufgestellt, sie produziert effizient und behauptet sich auf den Weltmärkten. Ich bin sicher: Deutschland wird auch weiter erfolgreich sein.

Frage: In Frankreich und den USA ist der Ölpreis inzwischen Wahlkampthema. Sozialist Francois Hollande will im Fall eines Wahlsieges die Preise sogar für drei Monate einfrieren. Ist das ein probates Mittel, um die Konzerne zur Preisdisziplin zu zwingen, oder ein ordnungspolitischer Sündenfall für die Marktwirtschaft?

BRÜDERLE: Ich halte nichts von populistischen Preisdiktaten. So simpel funktionieren Märkte nicht. Stattdessen brauchen wir wirksame Regeln, an die sich auch große Konzerne halten müssen.

Frage: Es gibt auch Vorschläge, die Erdölreserven anzuzapfen …

BRÜDERLE: Die Erdölreserven haben einen ganz bestimmten Zweck. Sie sollen die Versorgung mit Erdöl in echten Notfällen für 90 Tage sicherstellen. Eine solche Vorsorge ist gerade für eine Industrienation wie Deutschland unabdingbar. Wir sollten deswegen sorgfältig abwägen. Gegenwärtig liegt kein Notfall vor.
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