FDPEskalation im Syrien-Konflikt

Eine unkontrollierte Einreise darf sich nicht wiederholen

FlüchtlingslagerNach Einschätzung der EU-Grenzschutzagentur Frontex wird sich die Lage an der türkisch-griechischen Grenze in den kommenden Tagen verschärfen.
05.03.2020

Die humanitäre Situation an der EU-Außengrenze zur Türkei spitzt sich zu. Der türkische Präsident Erdogan nutzt die vielen Geflüchteten, um die EU zu erpressen. "Es rächt sich, dass wir uns auch Jahre nach der Flüchtlingskrise von 2015 immer noch auf andere verlassen müssen und der Syrien-Krieg weiter eskaliert", sagt FDP-Chef Christian Lindner. Generalsekretärin Linda Teuteberg sieht in der fortwährenden Abhängigkeit vom Handeln Dritter keinen Ersatz für eine rechtsstaatliche Ordnung und Steuerung von Migration. "Wir fordern die Kanzlerin auf, außenpolitisch ihr ganzes Gewicht einzubringen, um diese Problemlage zu lösen, und dass sie das klare Signal aussendet, dass eine unkontrollierte Einreise wie 2015 nicht möglich ist", mahnt Teuteberg.

"Es ist zynisch, dass Präsident Erdoan Menschen zum Spielball seiner Politik macht", ist sie sehr besorgt über die Lage in der Türkei, in Syrien und an der griechischen Grenze. Sie sieht dabei auch die Bundesregierung in der Verantwortung. Die habe hier einiges versäumt. Merkel müsse nun außenpolitisch ihr ganzes Gewicht einbringen, um diese Problemlage zu lösen. Und: "Die Kanzlerin müsse ihr Versprechen, dass sich eine Situation wie 2015 nicht wiederholen darf, jetzt auch mit Leben erfüllen, verlangt Teuteberg. "Die fortwährende Abhängigkeit vom Handeln Dritter, wie von Präsident Erdogan beispielsweise, ist kein Ersatz für eine rechtsstaatliche Ordnung und Steuerung von Migration."

Angesichts der Berichte über die Öffnung der Grenzen durch die Türkei, fordert sie: "Die Zahlungen an die Türkei müssen umgehend ausgesetzt werden, wenn Präsident Erdogan Vereinbarungen bricht". Merkel müsse zudem betonen, "dass eine unkontrollierte Migration nach Deutschland mit allen Mitteln des Rechtsstaates verhindert wird". FDP-Chef Christian Lindner bekräftigt mit Blick auf den Erpressungsversuch von Erdogan: "Wenn Erdogan seinen Verpflichtungen in Sachen Flüchtlingen nicht nachkommt, dann sollte er gar kein Geld mehr aus Europa bekommen."

Das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen war von Anfang an nur ein Provisorium. Nach Ansicht der Freien Demokraten hätte klar sein müssen, dass sich die EU nur aus der Abhängigkeit von der Türkei befreien kann, indem Frontex die Aufgabe eines echten EU-Außengrenzschutzes erfüllt. "Vor allem aber benötigen EU und Bundesregierung endlich eine tragfähige Dauerlösung, die Humanität und Ordnung in einen möglichst guten Ausgleich bringt", meint auch FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae.

"Jetzt geht es darum, mit den beteiligten Mächten menschliches Leid zu lindern und weitere Eskalationen zu vermeiden", fordert FDP-Chef Lindner nun. "Deutschland und Frankreich sollten alle Kanäle nutzen, damit es zu einen Syrien-Gipfel mit der Türkei und Russland und nicht nur einem bilateralen Treffen kommt", sagt er mit  Blick auf das Treffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin am Donnerstag. "Die Europäische Union muss mit am Tisch sitzen, weil wir gemeinsam vom Krieg in unserer Nachbarschaft betroffen sind."

Lindner mahnt: "Dem gemeinsamen Schutz der Außengrenzen der EU kommt nun eine besondere Bedeutung zu", sieht er die Eskalationsspirale an der griechisch-türkischen Grenze mit Sorge. Momentan sei Griechenland auf sich allein gestellt, die EU-Außengrenze zu überwachen. "Wir sollten Griechenland alle nötige Unterstützung zukommen lassen. Was Athen von uns Europäern braucht, sollte die dortige Regierung bekommen."

FDP-Außenpolitiker Alxander Graf Lambsdorff ergänzt: "Aber wir brauchen auch, einen Türkei-Deal 2.0, denn ohne Hilfe für die Menschen in der Türkei wird es immer wieder dazu kommen, dass sie sich Richtung Europa in Bewegung setzen." Die Türkei selbst kann seiner Meinung nach die humanitäre Situation entschärfen, wenn es zeitweise die Grenze zum Nachbarland Syrien öffnet. "Die humanitäre Lage in der Region zu verbessern, das sei jetzt entscheidend, so der FDP-Politiker. "Migranten, die als Asylbewerber in Griechenland anerkannt wurden, müssen dann auch konsequent in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verteilt werden", fordert Graf Lambsdorff. Das aber sei etwas anderes als einfach die Grenze für alle zu öffnen.

Genauso nötig sei das Signal, dass Europa klare Kriterien hat, wer einreisen und bleiben darf, meint Lindner. "Wir haben humanitäre Verantwortung und ein Interesse an qualifizierter Einwanderung. Wer aber weder bedroht noch qualifiziert ist, kann nicht auf dauerhaften Aufenthalt hoffen", wirbt er für das Einwanderungskonzept der FDP.

Wir stehen in einer humanitären Verantwortung

Am Dienstag legte Lindner nach und forderte einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU: "Es muss jetzt eine klare, abgestimmte europäische Position geben. Europa muss mit einer Stimme zu Herrn Erdogan sprechen und Europa muss Verantwortung im Gespräch mit Russland und der Türkei übernehmen, um die Situation in Syrien zu befrieden, mindestens zu stabilisieren, um menschliches Leid zu verhindern. Erdogan setzt Zehntausende, vielleicht sogar Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen Menschen ein, um seine politischen Ziele gegenüber der Europäischen Union zu erreichen".  Darauf dürfe man sich nicht einlassen.

"Was der griechische Staat braucht - personell, finanziell, logistisch - das sollten wir ihm als Europäer, auch als Deutsche gewähren." Es gehe zunächst um die Kontrolle der Grenze und um den Aufbau einer Verwaltung auf den griechischen Inseln, die Asylanträge bearbeiten könne. Danach könne man dann über eine Verteilung derjenigen sprechen, denen eine Einreise nach Europa ermöglicht wird. Außerdem müsse es eine klare Sprache gegenüber der Türkei geben: "Wenn Herr Erdogan sich an gegebene Zusagen und Verabredungen nicht hält, kann es mit ihm keine Kooperation geben. Dann kann es insbesondere auch keine Mittel der Europäischen Union mehr an Hilfsorganisationen, die in der Türkei tätig sind, oder gar an den türkischen Staat selbst geben."

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