04.07.2003FDP-FraktionUmweltpolitik

HOMBURGER: Verpackungsverordnung im Schweinsgalopp ist Flickwerk

BERLIN. Zur aktuellen Diskussion um das Zwangspfand erklärt die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion und umweltpolitische Sprecherin, Birgit HOMBURGER:

Die von Bundesumweltminister Jürgen Trittin vorgelegte "kleine Novelle" ist reine Flickschusterei. Mit seiner Halsstarrigkeit hat Trittin auch gegenüber den eigenen Regierungsfraktionen deutlich gemacht, dass er keine Änderungen seines Entwurfs duldet. Schließlich geht es ihm nicht um ökologische Ziele, sondern um die Durchsetzung seines Machtanspruchs. Dies sogar um den Preis einer Brüskierung des Parlaments.
Rot-Grün will die Verpackungsverordnung(VerpackV) heute nach nur eineinhalb Wochen Beratung im Schweinsgalopp abschließen. Der Umweltausschuss musste sein Votum in einer Sondersitzung nur zwei Stunden nach Ende der Sachverständigenanhörung abgeben. Aber selbst dort war eine gründliche Aussprache nicht möglich. Per Geschäftsordnungsantrag auf Schluss der Debatte wurden berechtigte Informationsinteressen der Opposition abgewürgt. Und das, obwohl die vorangegangene Anhörung deutlich gemacht hatte, dass mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet wurden. Ein unglaublicher Vorgang! Bußfertig wurde, um den öffentlichen Schaden zu begrenzen, von Rot-Grün im Nachgang eine weitere Sondersitzung des Umweltausschusses abgehalten. Diese hat natürlich keinen Einfluss mehr auf die Verordnung. Das Ganze wird immer mehr zum peinlichen rot-grünen Marionettentheater.
Eine nachhaltige Lösung muss ökologische, ökonomische und soziale Kriterien beachten. In der Anhörung wurde deutlich, dass Trittins Verordnungsentwurf den Kriterien der Nachhaltigkeit nicht genügt und nicht ausgereift ist.
Das Zwangspfand wird europarechtlich keinen Bestand haben. Insbesondere die so genannte Insellösungen (Verkauf und Rücknahme ausschließlich eigener Verpackungen) sind europarechtlich höchst fragwürdig. Die EU-Kommission hatte mit ihrem Schreiben an das BMU kürzlich klar gemacht, dass ein nicht bundesweites Rücknahmesystem wettbewerbsrechtliche Fragen aufwerfe und nicht akzeptabel sei. Solche Grundsatzeinwände gelten nicht nur für die Übergangslösung. Auch das hat die Anhörung deutlich gemacht.
Das Zwangspfand ist ökologisch und ökonomisch kontraproduktiv. In der Diskussion wird stets aufgeführt, dass es einen Trend zu Mehrweg gebe. Das stimmt zwar im Moment. Klar ist aber auch, dass dieser Trend einzig und allein aus dem aktuellen Rücknahme-Chaos resultiert. Wenn ein Rücknahmesystem aufgebaut ist, wird sich das wieder ändern. Große Teile des Handels werden aus Platz- und Kostengründen voll auf Einweg umstellen, um nur noch ein praktikables Rücknahmesystem betreiben zu müssen. Damit gefährdet Trittin das bestehende Mehrwegsystem und belastet Wirtschaft und Verbraucher unnötigerweise.
Das Zwangspfand ist bürokratisch. Obwohl fraktionsübergreifend Konsens herrscht, dass die Trennlinie nicht mehr zwischen Einweg und Mehrweg, sondern zwischen ökologisch vorteilhaften und ökologisch nicht vorteilhaften Getränkeverpackungen zu ziehen ist, wird auch dies nicht konsequent umgesetzt. Die VerpackV-Novelle sieht ausdrücklich die Erhebung einer Mehrwegquote vor. Dies ist überflüssiger teurer Bürokratismus und reiner Selbstzweck, weil die Unterschreitung der Quote keine Rechtsfolgen auslöst.
Das Zwangspfand ist unsozial. Sachverständige haben mehrfach darauf hingewiesen, dass das Zwangspfand netto Arbeitsplätze kostet. Die Novelle ist also auch aus sozialen Gesichtspunkten abzulehnen.
Die neue Zwangspfandregel ist innovationsfeindlich. Die Diskussion über die so genannte Innovationsklausel steht erst am Anfang. Wie die Einstufung innovativer Getränkeverpackungen als ökologisch vorteilhaft anhand transparenter Kriterien und damit rechtssicher erfolgen kann, ist ungeklärt. So schafft man keine Investitionssicherheit.
Die FDP fordert Rot-Grün auf, diese Novelle im Bundestag nicht einfach durchzupeitschen. Zu viele Fragen sind offen. Das Risiko irreversibler ökologischer, ökonomischer und sozialer Fehlsteuerungen ist zu groß. Die FDP fordert Bundesumweltminister Trittin angesichts der aufgezeigten Probleme auf, das Zwangspfand auszusetzen und sich im Interesse der Sache mit allen Beteiligten um eine nachhaltige Lösung zu bemühen. Die FDP hat mit dem vorgeschlagenen Modell handelbarer Getränkeabfülllizenzen eine sinnvolle Alternative zum Zwangspfand aufgezeigt. 

Susanne Bühler - Telefon [030] 227-51131 - pressestelle@fdp-bundestag.de

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