02.03.2009FDP

KOCH-MEHRIN-Interview für die "Thüringer Allgemeine"

Brüssel/Berlin. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE), Vorsitzende der FDP im Europaparlament und Spitzenkandidatin zur Europawahl, DR. SILVANA KOCH-MEHRIN, gab der "Thüringer Allgemeinen" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte STEFFI DOBMEIER:

Frage: Der Sondergipfel ist zu Ende - sind Sie zufrieden?

KOCH-MEHRIN: Die Ergebnisse sind leider eher mickrig. Die Tatsache, dass der Gipfel überhaupt stattfand, ist zwar positiv zu bewerten, gerade weil Frankreich und einige andere Länder eine zunehmend protektionistische Politik verfolgen - auf Kosten der gesamten EU. Aber ein Treffen an sich ist noch kein Erfolg.

Frage: Die Abschlusserklärung ist also wenig aussagekräftig?

KOCH-MEHRIN: Es gibt keine konkreten Zusagen für Finanzhilfen der EU - das ist gut. Aber leider auch keine konkreten Absagen an protektionistische Aktivitäten. Alles in allem also nicht zufrieden stellend.

Frage: Aber in der Erklärung wird die zentrale Rolle des EU-Binnenmarktes
zur Lösung der Krise doch hervorgehoben. Ist das nicht eine Absage an
den Protektionismus?

KOCH-MEHRIN: Wenn das ernst gemeint ist, gibt es Grund zur Hoffnung. Ich habe aber den Eindruck, dass sich die EU im Augenblick nur von einem Gipfel zum nächsten hangelt und immer nur ganz kurzfristige und kurzsichtige Entscheidung fällt, die nicht lange währen.

Frage: Was wäre nachhaltiger?

KOCH-MEHRIN: Zum Beispiel wären gemeinsame Aufsichtsstrukturen im Finanzwesen dringend nötig. Aber hier meinen leider viele Länder, es reiche aus, wenn es die auf nationaler Ebene gibt.

Frage: Welche Unterstützung kann die deutsche Industrie von diesem Gipfel
erwarten?

KOCH-MEHRIN: Die Europäische Investitionsbank will günstige Kredite für die Automobilindustrie zur Verfügung stellen. Davon können natürlich auch Unternehmen aus der Automobil- und Zulieferindustrie in Deutschland profitieren.

Frage: Es wird keinen milliardenschweren Hilfstopf der EU für Ost-Europa
geben . . .

KOCH-MEHRIN: . . . der auch nicht nötig ist. Ungarn hat im Vorfeld versucht, eine Ost-West-Debatte loszutreten. Aber nicht alle osteuropäischen Länder brauchen so dringend Geld wie Ungarn. Es ist richtig, dass über Hilfen von Fall zu Fall entschieden und nicht von vornherein ein Milliardenhilfspaket für ganze Teile der EU geschnürt wird.

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