09.12.2013FDPLiberalismus

KUBICKI-Interview für die „Passauer Neue Presse“

Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende WOLFGANG KUBICKI gab der „Passauer Neuen Presse“ (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ANDREAS HERHOLZ:

Frage: Herr Kubicki, die FDP ist mit 4,8 Prozent am Boden und nicht mehr im Bundestag. Wie konnte es so weit kommen?

KUBICKI: Wer sich schwach präsentiert, erhält kein starkes Wahlergebnis. Der Auftritt unserer Partei im Bundestagswahlkampf war semiprofessionell und am Ende sogar unterirdisch. Wir brauchen jetzt kein Mitleid. Wir dürfen uns nie wieder über andere Parteien definieren. Der Slogan, wer Angela Merkel will, muss FDP wählen, war ein Tiefschlag. Es muss darum gehen, die FDP gut zu positionieren.

Frage: Wieso ist der neue Parteichef Christian Lindner der richtige Mann, um die schwierige Aufgabe des Neustarts zu meistern?

KUBICKI: Er hat die Fähigkeit, liberale Positionen sehr pointiert und sehr nachvollziehbar zu beschreiben. Er ist ein brillanter Redner, wirkt authentisch und kann die FDP wieder nach vorn bringen. Die Mitglieder sind begeistert von ihm.

Frage: Welche Rolle werden Sie künftig beim Neuanfang der FDP übernehmen?

KUBICKI: Als Anwalt und Strafverteidiger werde ich mich auf die Bereiche Innen- und Rechtspolitik konzentrieren. Wir müssen die Freiheit und die Privatsphäre der Menschen schützen. Die FDP ist die Partei der Bürgerrechte. Innerhalb der Partei werde ich eine Moderatorenrolle übernehmen und dafür sorgen, dass andere Meinungen auch wieder mit mehr Respekt behandelt werden als in der Vergangenheit. Aber die FDP wird keine Wolfgang-Kubicki-Partei und auch keine Christian-Lindner-Partei werden. Wir haben eine Reihe von sehr guten Leuten. Wir sind jünger, bunter und weiblicher. Die Partei ist nicht kaltherzig, sie bekommt ein warmes Antlitz. Aber wir werden hart in der Sache argumentieren und kämpfen. Die FDP hat hier perspektivisch das Führungspersonal für die nächsten vier Jahre gewählt mit dem auch der Bundestagswahlkampf 2017 bestritten werden wird. Wir müssen klar machen, dass die FDP aus mehr besteht, als aus den Themen Wirtschaft und Steuern.

Frage: Die alte Parteiführung hat auch die Medien für die Schlappe der FDP bei der Bundestagswahl mitverantwortlich gemacht. Auch CSU-Chef Horst Seehofer kritisiert den Umgang der Medien mit Politikern. Gibt es wirklich Grund zur Klage?

KUBICKI: Nein, ich bin ein vehementer Verfechter der Pressefreiheit. Natürlich gefällt auch mir nicht jede Berichterstattung. Das müssen Politiker aber aushalten. Ich habe für diese Art der Presseschelte wenig Verständnis.

Frage: Die FDP hat sich stets gegen die Vorratsdatenspeicherung gesperrt. Die Große Koalition will sie jetzt wieder einführen.

KUBICKI: Der Kurswechsel der SPD hier ist schon atemberaubend. Wir werden versuchen, die Vorratsdatenspeicherung über den Bundesrat und außerparlamentarische Initiativen zu verhindern. Die FDP wird sich an Bürgerinitiativen gegen die Vorratsdatenspeicherung und an einer europaweiten Kampagne beteiligen. Das muss verhindert werden.

Frage: Die Union schließt wie in Hessen künftig auch Koalitionen mit den Grünen nicht mehr aus. Müssen sich jetzt auch die Liberalen nach neuen Partnern umsehen?

KUBICKI: Ich habe es immer als einen Fehler angesehen, sich an die Union zu ketten. Für uns sind auch Bündnisse mit der SPD möglich. Wir hatten eine vernünftige sozial-liberale Koalition im Bund von 1969 bis 1982. Alle demokratischen Parteien müssen sich jetzt ihre Optionsmöglichkeiten neu erarbeiten. Das gilt auch für Angela Merkel und die CDU. Die Kanzlerin hat mit dieser Wahl ihren Zenit überschritten. Mehr geht nicht. Frau Merkel muss jetzt ihre Nachfolge organisieren.

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