25.02.2003FDP-FraktionEuropapolitik

LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER: Europa ein liberales Gesicht geben

BERLIN. Zur ersten gemeinsamen Sitzung der Europaausschüsse des deutschen Bundestages und der französischen Nationalversammlung erklärt die europapolitische Sprecherin und Konventsbeauftragte der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER:

Der Verfassungskonvent der Europäischen Union hat seine entscheidende Arbeit mit der Formulierung der Artikel für eine europäische Verfassung begonnen. Zum ersten Mal in der europäischen Geschichte versucht ein Großteil der Staaten Europas, seine gemeinsamen Wertvorstellungen und Politiken in einer europäischen Verfassung niederzulegen.
Die zu schaffende Verfassung für Europa wird direkten Einfluss auf das Leben jeder Bürgerin und jedes Bürgers in den Mitgliedstaaten der EU nehmen. Die FDP-Bundestagsfraktion fordert deshalb: es muss ein verständlicher und identitätsstiftender Verfassungstext geschaffen werden, der das demokratische Defizit in der EU beseitigt und mehr Transparenz in der Zusammenarbeit der europäischen und nationalen Parlamente und Institutionen herstellt. Europa kann auf Dauer nicht funktionieren, wenn man die Bürger in den fortschreitenden Prozess der europäischen Integration nicht einbezieht. Dies bedeutet für eine liberale Europapolitik auch die Einführung direkter demokratischer Elemente, wie Referenden.
Es ist daher von essentieller Bedeutung, dass die Bemühungen des Konvents darauf ausgerichtet sind, die Institutionen der Union so umzugestalten, dass sie in der Lage sind, ihre neue Aufgaben in einer erweiterten Union effektiv und demokratisch legitimiert wahrzunehmen.
Die deutsche Europapolitik sollte deshalb gerade jetzt mit Nachdruck den Kurs der europäischen Integration weiter verfolgen, mit dem sich liberale deutsche Außenminister in der Vergangenheit erfolgreich für die Einigung Europas eingesetzt haben.
Die Entscheidung der EU Mitgliedstaaten, Kompetenzen und Teile ihrer Souveränität an die EU abzugeben, kann zu erheblichen Grundrechtsgefährdungen führen. Nur eine rechtsverbindliche Grundrechtecharta, die vollständiger Bestandteil des europäischen Verfassungsvertrages ist, garantiert einen effektiven Grundrechtsschutz der Unionsbürger.
Die Veränderung der Kompetenzordnung zwischen Europäischer Union und ihren Mitgliedstaaten, die sich über Jahrzehnte in einer Kombination aus vertraglichen Zielbestimmungen und Einzelermächtigungen entwickelt hat, gehört zu den größten Herausforderungen des Konvents. Das Ziel kann jedoch nicht in der Einführung eines starren Kompetenzkataloges liegen. Erforderlich ist ein flexibler Rahmen der Kompetenzordnungen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten. Sinnvoll erscheint eine Einteilung in ausschließliche, konkurrierende und geteilte Kompetenzen.
Das Subsidiaritätsprinzip bleibt weiterhin leitend, da grundsätzlich auch in Zukunft nur solche Aufgaben auf europäischer Ebene behandelt werden sollen, die regional oder national nicht gelöst werden können. Bei Streitigkeiten über Kompetenzordnungsregelungen soll der EuGH über die Auslegung dieser Regelungen richtungsweisend entscheiden.
Die nationalen Parlamente können im Rahmen eines Frühwarn-Mechanismus Bedenken hinsichtlich der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips durch die EU-Kommission geltend machen. Jedes nationale Parlament kann nach Veröffentlichung eines legislativen Kommissionsentwurfes innerhalb einer Frist von 6 Wochen Einspruch erheben. Sollte dem Einspruch des oder der nationalen Parlamente(s) nicht entsprochen werden, steht einem nationalen Parlament nach der Verabschiedung des Kommissionsentwurfes eine Klagemöglichkeit vor dem EuGH offen.

Bettina Lauer - Telefon (0 30) 2 27-5 57 36 - pressestelle@fdp-bundestag.de

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