07.01.2016FDPFDP

LINDNER-Interview: Deutschland nicht für Zukunft gerüstet

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER gab der „Nordwest-Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ANDREAS HERHOLZ:

Frage: Die Wirtschaft läuft, die Unternehmen sind optimistisch, und die Arbeitslosigkeit ist niedrig wer braucht da eigentlich noch die FDP?

LINDNER: Die Bundesregierung ist nur noch im Krisenmodus. Wir sprechen in Deutschland nur noch über das Dringliche, aber nicht mehr das für uns Wichtige, was unser Land auch in Zukunft stark macht. Die wirtschaftliche Stärke unseres Landes flaut wieder ab. Die Infrastruktur veraltet. Wir sind nicht für die Zukunft gerüstet. Schwarz/Rot verwaltet nur und scheut vor notwendigen Reformen zurück. Deutschland braucht ein Update für bessere Bildung, mehr Wirtschaftskraft und moderne Infrastruktur.

Frage: Welches Signal soll vom Dreikönigstreffen der Liberalen ausgehen?

LINDNER: 2016 ist das Jahr der großen Chancen für unser Land. Wir stehen an einem Scheideweg: Meinungsforscher warnen bereits vor einer Rückkehr der German Angst der Sorge, dass die Gegenwart besser ist als die Zukunft. In diesem Jahr sollten wir die großen Probleme anpacken. Wir brauchen Ordnung bei der Zuwanderung und endlich ein Einwanderungsgesetz. Wir brauchen aber auch gute Bedingungen für Investitionen. Wirtschaft und Steuerzahler dürfen nicht immer stärker belastet werden. Die FDP ist die Kraft der Marktwirtschaft, der Bürgerrechte und der German Mut.

Frage: Sie wollen die Vorratsdatenspeicherung per Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe stoppen. Brauchen die Sicherheitskräfte aber nicht angesichts der stärkeren Terror-Gefahr bessere Instrumente?

LINDNER: Symbolische Grundrechtseingriffe wie die Vorratsdatenspeicherung sind der falsche Weg. Wer jetzt die Freiheit opfert, der kapituliert vor dem Terror. Die Sicherheitsbehörden verfügen über die notwendigen rechtlichen Möglichkeiten. Ihnen fehlt es an der notwendigen Ausstattung bei Personal und Ausrüstung.

Frage: Nach den sexuellen Übergriffen auf Frauen in Köln hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) den Einsatz der Polizei kritisiert. Waren die Einsatzkräfte überfordert?

LINDNER: Wenn im Kölner Polizeibericht über die Silvesternacht zunächst von einer entspannten Lage und keinen besonderen Vorkommnissen die Rede war, zeigt das einen Kontroll- und Realitätsverlust. Den Beamten, die ihre Knochen hinhalten, ist kein Vorwurf zu machen. Aber die Führung der Kölner Polizei ist erneut an der Bewältigung einer Lage gescheitert. Der Polizeipräsident von Köln und der Innenminister von Nordrhein-Westfalen können sich jetzt nicht länger ihrer Verantwortung entziehen. Hier muss es personelle Konsequenzen geben. Wir brauchen jetzt keine neuen schärferen Gesetze. Wir müssen sie nur anwenden. Was in Köln geschehen ist, war verboten und strafbar. Da muss ohne Rücksicht auf die Herkunft der Täter eingeschritten werden. In Deutschland gibt es immer mehr rechtsfreie Räume. In manche Stadtteile von Berlin oder auch in NRW-Großstädten traut sich selbst die Polizei nicht mehr zu jeder Zeit. Wir müssen die Polizei stärken, damit die Autorität des Staates gesichert wird.

Frage: SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft der CSU vor, mit ihrem Kurs in der Flüchtlingspolitik für das Erstarken der AfD verantwortlich zu sein. Teilen Sie diese Einschätzung?

LINDNER: Die gesamte Bundesregierung ist für das Erstarken der AfD und anderer Rechtspopulisten mitverantwortlich. Union und SPD haben kein Konzept für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Ihr Dauerstreit und die mangelnde Handlungsfähigkeit der Regierung machen Rechtspopulisten stark. Wir brauchen endlich ein modernes, europäisch eingebettetes Einwanderungsrecht. Das würde den Zustrom regulieren.

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