11.05.2009FDP

NIEBEL: Grüne laden zur Linkskoalition ein

Berlin. FDP-Generalsekretär DIRK NIEBEL gab den "Stuttgarter Nachrichten" (Montagausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte CLAUDIA LEPPING:
Frage: Herr Niebel, Ihr Vorsitzender Guido Westerwelle war auch auf dem Grünen-Parteitag - als Pappmachéfigur. Traute er sich nur nicht, selbst zu kommen und sollte das Signal sein: Westerwelle kann auch mit den Grünen?
NIEBEL: Das war die Aktion eines Satire-Magazins, ein Abbild unseres Vorsitzenden dort herumzutragen. Es soll zu einigen aggressiven Reaktionen grüner Delegierter gekommen sein, die nicht meinem demokratischen Verständnis entsprechen, aber durchaus Bände sprechen.
Frage: Sie sehen also keinerlei Annäherungen, auch wenn sie einander nicht besuchen kommen?
NIEBEL: Der Grünen-Parteitag war eine Grußbotschaft an Lafontaine und Gysi - eine Einladung zu einer rot-rot-grünen Regierung. Ich sehe deshalb keine Möglichkeit der inhaltlichen Zusammenarbeit von Grünen und FDP.
Frage: Ihnen missfällt die grüne Idee, durch Investitionen in neue Technologien neue Arbeitsplätze zu schaffen?
NIEBEL: Wenn ich die Beschlüsse der Grünen grob überschlage, werden sie 100 Milliarden Euro benötigen und 16 neue oder höhere Steuern und Abgaben brauchen. Wir müssen aber die Bürger entlasten. Neue Jobs schaffen wir besser, indem Betriebe und Menschen mehr vom selbst verdienten Geld übrig haben und Investitionshemmnisse abgebaut werden. Wir haben es außerdem mit ideologischen Hemmnissen zu tun, weil die Bundesregierung kein Energiekonzept hat und allein beim konventionellen Kraftwerksbau ein Investitionsstau in Höhe von 40 Milliarden Euro entstanden ist. Dieses Geld wäre politisch ganz leicht zu aktivieren - ohne dass Steuergelder fließen müssen.

Frage: Im Klimaschutz gibt es grün-gelbe Übereinstimmung bei den erneuerbaren Energien . . .
NIEBEL: Die FDP ist seit langem für einen Energie-Mix unter Einbeziehung regenerativer Energien. Sie ist aber ausdrücklich auch für die friedliche Nutzung der Kernenergie. Ich ahne, dass das mit den Grünen nicht geht.
Frage: FDP wie Grüne wollen einen Politikwechsel - warum machen Sie der Großen Koalition nicht gemeinsam das Leben schwer?
NIEBEL: Für einen Politikwechsel gegen eine rot-rot-grüne Mehrheit brauchen wir eine starke FDP. Denn es ist keineswegs egal, ob die Wähler FDP oder Union wählen: Wie geschmeidig die CDU auf linken Abwegen mit der SPD regieren kann, zeigt sie seit vier Jahren im Regierungsalltag.
Frage: Die Grünen können auch bürgerlich regieren - in Hamburg und in vielen Kommunen. Warum verweigert sich die FDP der Ampel?
NIEBEL: Ich stimme Ihnen zu, dass CDU und Grüne mit wirklich jedem regieren. Aber die Landeslisten von Grünen und SPD für die Bundestagswahl weisen auf eins sicher hin: Die Fraktionen werden deutlich linker sein als die jetzigen. Darum wird sich auch eine linke Regierung bilden, wenn die Bundestagswahl linke Mehrheiten möglich macht. Und deshalb muss die FDP stark werden: Um diesen Linksrutsch zu verhindern.
Frage: Sie setzen also voll auf Lagerwahlkampf inmitten der Wirtschaftskrise?
NIEBEL: Wir werden keinen Lagerwahlkampf führen - eben weil eine Stimme für die Union längst keine Stimme für eine bürgerliche Mehrheit ist, solange die Union weiter die Hintertür zur großen Koalition offen hält. Übrigens: Wenn vier FDP-Präsidiumsmitglieder an diesem Wochenende zeitgleich öffentlich erklären, mit der CDU regieren zu wollen, dann sollte die Union sich endlich auch ähnlich klar äußern. Ich fürchte allerdings, dass sich manche in der CDU-Spitze schon ganz gemütlich eingerichtet haben in der großen Koalition mit der SPD.

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