11.10.2008FDP

NIEBEL-Interview für die "Thüringer Allgemeine"

Berlin. FDP-Generalsekretär DIRK NIEBEL gab der "Thüringer Allgemeinen" (Sonnabend-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten SERGEJ LOCHTHOFEN und INGO LINSEL.
Frage: In der Finanzkrise gellt der Schrei nach mehr staatlicher Kontrolle, wie wollen Sie in die Wahlen gehen als Partei der Deregulierung?
NIEBEL: Ich bin ausdrücklich ein Neoliberaler. Wir haben den Nachtwächterstaat abgelöst und Regeln eingeführt. Ich will den starken Staat, der deren Einhaltung überprüft. Aber es geht um sinnvolle Regeln, nicht um Rauchverbote und DIN-Normen für Klopapier. Der Finanzmarkt ist der am meisten regulierte Bereich der deutschen Wirtschaft und steht unter Staatsaufsicht. Dennoch fingen die Probleme bei den Staatsbanken an.
Frage: Sie stehen doch aber Lafontaine jetzt nicht näher als der freien Finanzwirtschaft?
NIEBEL: Lafontaines Partei hat schon einen Staatsbankrott hinbekommen durch zu viel staatliche Eingriffe. Bei einer weltweiten Vernetzung brauchen wir natürlich gut funktionierende Finanzmärkte. Es fehlt ja auch jetzt nicht das Geld, sondern vielmehr das Vertrauen der Banken untereinander. Es wurde das amerikanische Gebaren übernommen, Autos ohne Anzahlung und drei Jahre zinsfrei zu verkaufen, bis Käufer wie Verkäufer merkten, sich völlig übernommen zu haben. Dahinter stecken aber die Zentralbanken und staatliches Handeln. Hier haben viele versagt und einige auch mit moralisch verwerflichen Ansätzen das ausgenutzt, was im gesetzlichen Rahmen alles möglich gewesen ist.
Frage: War das nicht doch schon kriminell?
NIEBEL: Das kann ich nicht im Einzelnen bewerten, ich bin kein Jurist. Wenn aber die Manager der mit Staatsgeldern geretteten Benelux-Bank Fortis nun mit 150 000 Euro auf Luxusreisen gehen, ist das unmoralisch. Das sind die Typen, die dafür sorgen, dass es eine Systemdebatte gibt. Die soziale Marktwirtschaft mag Fehler haben, aber sie ist das beste Gesellschaftssystem, das wir je auf deutschem Boden hatten. Wenn andere aus Angst vor populistischen Angriffen sich jetzt nicht mehr trauen, dieses System zu verteidigen und Fehler zu korrigieren, dann bleibt die FDP umso erkennbarer die Partei der sozialen Marktwirtschaft.
Frage: Rechnen Sie damit, dass wie in Bayern Wähler der Union zu Ihnen wechseln?
NIEBEL: Es gibt keine Stimmen, die einer Partei gehören, auch uns nicht. Wir werben um alle. In Thüringen sehen wir ja, dass Herr Althaus schon gar nicht mehr um eine Mehrheit kämpft. Alle Wähler, die sich bei der Union nicht mehr wohl fühlen, möchte ich natürlich viel lieber zu uns holen, als dass sie im Nichtwählerlager landen. Das trifft ebenso auf die SPD zu.
Frage: Zerlegt sich die CDU, wie sich schon die SPD in drei Teile zerlegte?
NIEBEL: Sie muss aufpassen. In drei Jahren Wachstum verdiente nur der Staat. Dem Bürger wurde der Zuwachs weggesteuert Da muss man auch heute lesen von Heinrich Alt aus der Bundesagentur für Arbeit, dass er gegen die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung ist. Denkt er, die Agentur ist eine Sparbüchse? Alles was hier zu viel gesammelt wird, wurde den Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu viel weggenommen. Gerade in der jetzigen Krise, darf aber gar nichts gemacht werden, was die Betriebe belastet. Das gilt auch für die Bürger, deren Gesundheitskosten wieder steigen.

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