OTTO: Schwarz-weiße Rechtschreibung statt schwarz-rot-gelbem Variantensalat
BERLIN. Zum Erscheinen der Neuauflagen der Rechtschreibwörterbücher des Duden- und des Wahrig-Verlages erklärt der Kulturpolitiker der FDP-Bundestagsfraktion Hans-Joachim OTTO:
Die inhaltlichen Unterschiede der neu vorgelegten Rechtschreibwörterbücher und deren Abweichen von den Beschlüssen des Rates für deutsche Rechtschreibung dokumentieren auf entmutigende Weise, daß das Ziel der Rechtschreibreform, die deutsche Rechtschreibung zu vereinheitlichen, in immer weitere Ferne gerückt ist. Daß sich der Duden nach der vor wenigen Jahren eingeführten roten Schrift für die neuen Regeln nun mit den gelben Markierungen einer weiteren Farbe bedient, um Ordnung in das Dickicht der Varianten zu bringen, macht das Chaos auch visuell erfahrbar. Wenn es offenbar unmöglich geworden ist, die deutsche Rechtschreibung schwarz-weiß darzustellen, müßte auch dem letzten Reformer und Sprachlenker klar werden, daß die Rechtschreibreform gescheitert ist.
Die fortschreitende Verunsicherung über die richtige Rechtschreibung darf nicht auf dem Rücken der Schüler und Lehrer ausgetragen werden. Mittlerweile ist die Variantenvielfalt so groß, daß fast jede Schreibweise nach irgendeinem Regelwerk oder Wörterbuch richtig ist, aber keines alle richtigen Schreibweisen erfaßt. Die bewährte Rechtschreibung, nach der der Großteil der Bevölkerung schreibt, darf vor diesem Hintergrund auch über die Übergangsfristen hinaus im Schulunterricht nicht als fehlerhaft angestrichen werden. Ich appelliere an die Kultusministerkonferenz, dafür Sorge zu tragen, daß auch über 2007 hinaus keinem Schüler durch die Verwendung der bewährten Rechtsschreibung Nachteile entstehen.
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