04.06.2009FDP

Pinkwart-Interview für WDR 5 "Morgenecho"

Berlin. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende und Landesvorsitzende der FDP Nordrhein-Westfalen, PROF. DR. ANDREAS PINKWART, gab im heutigen WDR 5 "Morgenecho" zu den Programmen für Hochschulen und Forschung das folgende Interview. Die Fragen stellte CORDULA DENNINGHOFF:

Frage: Können Sie verstehen, dass viele zweifeln, ob das mal alles so klappt?

PINKWART: Ich meine, Zweifel ist ja immer ein guter Ratgeber, um auch darauf hinzuwirken, dass etwas Gutes erreicht wird. Ich sehe die Erwartungen aber eigentlich positiver an die drei Pakete, wenn sie denn heute verbindlich auch beschlossen werden. Und meine große Sorge ist ja - nach dem Zwischenruf von Herrn Steinbrück und der Bundesregierung -, dass anders, als die Länder deutlich gemacht haben, der Bund noch nicht ganz sicher war bisher, ob er sie ohne Haushaltsvorbehalt auch tatsächlich beschließen würde. Umso wichtiger wird es jetzt sein, dass die Bundeskanzlerin ein klares Wort spricht und deutlich macht: Auch der Bund will diese Pakte unabhängig von der Haushaltslage nach der Bundestagswahl verbindlich auf den Weg bringen. Ich glaube, das ist die zentrale Voraussetzung dafür, dass Universitäten wie Münster, aber auch andere, jetzt auch die Planungssicherheit bekommen, damit sie ab 2011, 2012 die neuen Studienplätze auch einrichten können, die wir brauchen, damit der doppelte Abiturjahrgang ab 2013 auch die Bedingungen antrifft, die wir brauchen, damit die Klage, die wir eben gehört haben, nicht noch größer wird.

Frage: Da sollen 18 Milliarden Euro investiert werden. Woher soll das Geld eigentlich kommen?

PINKWART: Gut, es wird über, das muss man einmal sehen, sieben Jahre verteilt - 18 Milliarden, das gibt pro Jahr etwa zweieinhalb Milliarden. Und wenn Sie sich anschauen, Frau Denninghoff, wie mal eben mit einem Federstrich der Bundesfinanzminister die Abwrackprämie auf fünf Milliarden in einem Jahr erhöht hat, ohne dass es irgendeinen kritischen Kommentar seiner Haushälter dazu gegeben hätte, dann muss man sich auch die Frage stellen: Wie lange wollen wir noch in alte Autos investieren statt in junge Köpfe?

Frage: Aber das sind ja Ausgaben, die betreffen die Zukunft, die werden ja in den nächsten Jahren ja auch noch fällig. Kann man denn eine noch nicht gewählte Bundesregierung dazu verpflichten, Milliarden auszugeben? Denn der nächste Haushalt, der wird ja erst nach der Bundestagswahl aufgestellt.

PINKWART: Das müssen wir, denn die Politik hat ja bundesweit in allen Bundesländern auch die Weichen dafür gestellt, dass wir eine verkürzte Abiturdauer haben. Damit werden wir in allen Bundesländern erleben, gerade in den großen Flächenländern, Westdeutschland, dass wir einen doppelten Abiturjahrgang haben. Das hat die Politik auch sehr vorausschauend beschlossen, Jahre vorher, und damit Folgeregierungen und Parlamente gebunden. Und ich finde, es wäre unfair den jungen Menschen gegenüber, die sich jetzt auch besonderer Belastung ausgesetzt sehen an den Schulen, dass dann, wenn sie Abitur gemacht haben, keine hinreichenden Studienplätze da sind.

Frage: Ist es dafür nicht schon wieder viel zu spät? Ich meine, diese geburtenstarken Jahrgänge kommen ja eben jetzt an die Unis. Kann man das denn jetzt so schnell einrichten, diese neuen Studienplätze?

PINKWART: Nein, nein. Wir haben ja jetzt einen Hochschulpakt, der läuft. Es sind zusätzliche Studienplätze auch geschaffen worden und werden geschaffen hier in Nordrhein-Westfalen, aber der eigentliche "Peak" kommt 2013. Er kommt nicht demografiebedingt, er kommt durch den doppelten Abiturjahrgang. Er wird dann in den Jahren 2013, 2014, 2015 zu einer starken Überauslastung führen, wenn wir jetzt keine Vorsorge treffen. Und wir in Nordrhein-Westfalen, wir handeln: Wir haben neue Fachhochschulen gegründet, wir haben vorhandene Hochschulen ausgebaut. Das alles unternehmen wir jetzt. Und in den Folgejahren werden die Studienplätze qualitätvoll aufgebaut, damit 2013 jeder, der im doppelten Abiturjahrgang steht, auch einen vernünftigen Studienplatz antrifft. Nur, dafür brauchen wir jetzt Planungssicherheit. Wenn uns jetzt die Bundesregierung sagt, das wollen wir erst nach der Wahl entscheiden, ob wir dafür noch Geld haben, dann müssten wir auf diese Entscheidung warten, die Hochschulen könnten nicht entsprechend vorplanen. Und dann allerdings könnten Sie recht haben, kommen die staatlichen Maßnahmen zu spät.

Frage: Wir haben vorhin gehört, dass man an der Uni Münster zum Beispiel recht skeptisch ist, was die Einrichtung neuer Studienplätze angeht. Da wurde zum Beispiel gesagt: Na ja, dann werden die billigen Studienplätze aufgestockt, also die Geisteswissenschaften. Heißt das dann, die Naturwissenschaften gehen leer aus?

PINKWART: Wir haben hier in Nordrhein-Westfalen eine andere Priorität gesetzt: Wir haben schon im Hochschulpakt Teil I jeden zweiten Studienplatz in den naturwissenschaftlich-technischen, mathematischen Fächern geschaffen. Wir haben die neuen Fachhochschulen ausschließlich in diesen Gebieten angelegt. Das ist wahrlich sehr teuer, das kostet sehr viel Geld. Aber ich finde, das sind wir unseren Kindern gegenüber schuldig, aber wir sind es auch unserem Standort gegenüber schuldig, denn wir haben selbst in der Krise immer noch einen Mangel an qualifizierten Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Wir haben einen großen Bedarf an naturwissenschaftlich-technischen Lehrern, den wir kaum decken können, weil in den letzten Jahren, gerade in den 90er Jahren, diese Berufe auch weniger attraktiv eingeschätzt worden sind, viele in die Geisteswissenschaften gegangen sind und weil auch zu wenig Studienplätze auf dem Gebiet vorhanden waren.

Frage: Nun gibt es also mehr Geld. Bisher bekommen die Hochschulen ja auch schon ein bisschen mehr. Sie kriegen nämlich Studiengebühren. Jetzt beklagt die OECD, dass diese Gebühren aber nicht ausschließlich zur Verbesserung der Lehre dienen, sondern in allgemeine Ausgaben fließen. Wie ist denn das in Nordrhein-Westfalen? Ist da transparent, wohin diese Studiengebühren gehen?

PINKWART: Wir haben ja das Deutsche Studentenwerk und den Stifterverband beauftragt, das zu begutachten. Das erste Gutachten ist im vergangenen Jahr erfolgt. Dieses Jahr wird das erneut begutachtet. Die Aussage war ganz klar, dass hier die Mittel auch vernünftig verwendet werden, sie achten auch darauf. Und es ist eben so: Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben nicht nur mehr Geld durch Studienbeiträge, sondern sie haben auch mehr Geld durch den Staat, etwas aus dem Hochschulpakt, aus der Exzellenzinitiative.

Frage: Werden denn dadurch die Bedingungen für die Studenten verbessert?

PINKWART: Ja, absolut. Sie müssen einmal schauen: Wir haben heute im Jahr 2009 an den nordrhein-westfälischen Hochschulen gegenüber 2005 eine halbe Milliarde Euro mehr Mittel. Und manche Hochschule tut sich ja immer noch schwer, die Studienbeitragsmittel auch vernünftig zu verausgaben. Einige haben Rücklagen gebildet, wo wir gesagt haben, die müssen dringend aufgelöst werden. Auch die Studierenden sollten mit helfen mit klugen Vorschlägen, wie man die Bedingungen weiter verbessern kann. Also ich glaube, wir haben die Hochschulen so ausgestattet in Nordrhein-Westfalen, dass man schon etwas Vernünftiges auch auf die Beine stellen kann, etwa indem man zusätzliches Personal einstellt und damit die Betreuungsrelation auch verbessert. Das könnte man auch in den germanistischen Vorlesungen erreichen.

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